Wegen eines minimalen THC-Werts (1,7 ng/ml) drohte einem jungen Fahrer in der Probezeit der sofortige THC Grenzwert Fahrerlaubnis Entzug. Der Verwaltungsgerichtshof sah die Argumentation des MPU-Gutachtens als fehlerhaft an und prüfte die Vermischung zweier Rechtsgebiete neu. Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 B 606/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
- Datum: 19.09.2025
- Aktenzeichen: 10 B 606/25
- Verfahren: Beschwerde im Eilverfahren (Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung)
- Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht, Verwaltungsrecht
- Das Problem: Ein Fahranfänger verlor wegen einer Fahrt unter Cannabiseinfluss in der Probezeit seine Fahrerlaubnis. Die Behörde stützte die Entziehung auf ein negatives medizinisches Gutachten (MPU) und seine frühere Drogenvorgeschichte. Der Fahrer klagte, weil er die Entziehung für unrechtmäßig hielt.
- Die Rechtsfrage: Darf die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn die gemessene THC-Konzentration (1,7 ng/ml) unter dem gesetzlich festgelegten Schwellenwert von 3,5 Nanogramm liegt? Darf für Fahranfänger in der Probezeit ein strengerer, niedrigerer Grenzwert für den Führerscheinentzug angesetzt werden?
- Die Antwort: Nein, die Entziehung war vorerst nicht rechtmäßig. Das Gericht stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder her. Das Gutachten (MPU) war ungeeignet, da es keine Aussage zur Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Missbrauchs mit verkehrssicherheitsrelevanter Wirkung (regelhaft ab 3,5 Nanogramm THC) traf.
- Die Bedeutung: Das Urteil bestätigt, dass für die Annahme von Cannabismissbrauch und den Entzug der Fahrerlaubnis grundsätzlich die Schwelle von 3,5 Nanogramm THC maßgeblich ist. Eine pauschale Herabsetzung dieses Wertes für Fahranfänger in der Probezeit ist im Fahreignungsrecht nicht zulässig.
THC Grenzwert und Fahrerlaubnis-Entzug: Warum ein positiver Test nicht immer das Ende bedeutet
Ein junger Fahrer wird in der Probezeit mit Cannabis im Blut erwischt. Die Behörde entzieht ihm den Führerschein, gestützt auf ein negatives psychologisches Gutachten. Doch der Fall ist komplizierter, als er scheint. Eine Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. September 2025 (Az.: 10 B 606/25) zeigt, dass der bloße Nachweis von THC nicht ausreicht, um einem Fahrer die Eignung abzusprechen. Das Gericht legte präzise dar, welche hohen Anforderungen an ein Gutachten zu stellen sind und warum die strengen Regeln für Fahranfänger nicht pauschal auf die Frage der Fahreignung übertragen werden dürfen.
Eine zweite Chance auf Probe: Was war passiert?
Die Geschichte des jungen Fahrers mit der Fahrerlaubnisbehörde ist lang. Bereits 2017, kurz nach Erhalt seines ersten Führerscheins, wurde bei ihm Marihuana gefunden. Er gab damals an, seit seinem 14. Lebensjahr regelmäßig zu konsumieren. Die Konsequenz war hart: Im Januar 2018 entzog ihm die Behörde die Fahrerlaubnis wegen fehlender Fahreignung. Doch der Mann kämpfte sich zurück. Er unterzog sich einem Neuerteilungsverfahren und legte im Februar 2022 ein medizinisch-psychologisches Gutachten (MPU) vor. Dieses attestierte ihm eine stabile Abstinenz und sah keine Hinweise mehr auf Drogenmissbrauch. Mit diesem positiven Votum in der Hand erteilte ihm die Behörde im März 2022 eine neue Fahrerlaubnis – eine zweite Chance, die jedoch mit einer neuen Probezeit verbunden war. Etwa eineinhalb Jahre später, am 10. Oktober 2023, geriet er erneut in eine Verkehrskontrolle….