Nach der Abtretung eines KfW-Darlehens an das Förderinstitut beanspruchte die Hausbank weiterhin ihr Pfandrecht an Kontoguthaben eines insolventen Unternehmens. Die Sicherheit schien intakt, doch aufgrund zwischenzeitlicher Kontoschwankungen sank der Wert des Pfandrechts plötzlich auf 9.723 Euro ab. Zum vorliegenden Urteil Az.: 27 O 259/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Stuttgart
- Datum: 23.07.2025
- Aktenzeichen: 27 O 259/24
- Verfahren: Zahlungsklage im Insolvenzfall
- Rechtsbereiche: Insolvenzrecht, Sicherungsrecht, AGB-Recht
- Das Problem: Der Insolvenzverwalter forderte die Auszahlung eines Firmenkontoguthabens von 400.232,73 Euro. Die Bank verweigerte die volle Auszahlung. Sie behauptete, ein Pfandrecht an dem Geld zu haben.
- Die Rechtsfrage: Bestand das Pfandrecht der Bank nach Abtretung des Darlehens an die KfW noch? Konnte das Pfandrecht an später wieder aufgewachsenem Guthaben entstehen?
- Die Antwort: Das Pfandrecht ging auf die KfW über. Es war aber durch frühere Verfügungen auf den historischen Tiefststand von 9.723,08 Euro begrenzt. Die Bank musste den restlichen Betrag von 74.410,55 Euro an die Insolvenzmasse auszahlen.
- Die Bedeutung: Ein Pfandrecht an Kontoguthaben schmilzt mit jeder Kontoverfügung ab. Es wächst bei späteren Einzahlungen nicht automatisch wieder auf. Die Bank kann abgetretene Sicherheiten nicht treuhänderisch behalten.
Verliert die KfW ihr Pfandrecht an einem Kontoguthaben, wenn der Saldo zwischenzeitlich sinkt?
Ein Kontoguthaben von über 400.000 Euro, ein Insolvenzverwalter, der es für die Gläubiger sichern will, und eine Bank, die einen Teil davon unter Verweis auf die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zurückhält. Dieser Konflikt führte zu einer juristischen Auseinandersetzung, die tief in die Mechanik von Banksicherheiten, Forderungsabtretungen und die unerbittlichen Regeln des Insolvenzrechts blickt. In einem detaillierten Urteil vom 23.07.2025 hat das Landgericht Stuttgart (Az.: 27 O 259/24) eine grundlegende Frage geklärt: Was geschieht mit dem AGB-Pfandrecht einer Bank, wenn die gesicherte Forderung an die KfW abgetreten wird und das Kontoguthaben des Schuldners starken Schwankungen unterliegt? Das Ergebnis zeigt, wie ein ursprünglich starkes Sicherungsrecht auf einen Bruchteil seines Wertes „abschmelzen“ kann.
Ein KfW-Darlehen, eine Insolvenz und ein blockiertes Konto: Was war passiert?
Im Zentrum des Falles stand die S. GmbH, ein Unternehmen, das bei einer Bank ein Geschäftskonto führte. Um die Geschäfte zu finanzieren, schloss das Unternehmen im Dezember 2021 mit seiner Hausbank einen Darlehensvertrag über 700.000 Euro. Finanziert wurde dieser Kredit aus dem KfW-Sonderprogramm 2020. Wie in solchen Konstellationen üblich, trat die Hausbank ihre Forderung auf Rückzahlung des Darlehens an die KfW ab. Die Geschäftsbeziehung zwischen dem Unternehmen und der Bank basierte auf den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Bank. Diese sahen in Ziffer 21 ein umfassendes AGB-Pfandrecht vor. Dabei handelt es sich um ein vertragliches Recht der Bank, sich zur Absicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen an sämtlichen Werten des Kunden zu bedienen, die sich in ihrem Besitz befinden – insbesondere auch an Kontoguthaben. Die Geschäfte des Unternehmens liefen jedoch nicht wie erhofft. Am 14. Februar 2024 musste es Insolvenz anmelden. Ein Insolvenzverwalter wurde bestellt, zunächst vorläufig, ab dem 29. April 2024 dann endgültig….