Die Erteilung eines Europäischen Nachlasszeugnisses für einen 36 Millionen Euro schweren internationalen Nachlass wurde beim OLG Frankfurt abgelehnt. Das Gericht begründete dies mit massivem Einspruch gegen die Gültigkeit von Ehe und Abstammung, die umfangreiche Ermittlungen in Drittstaaten erfordern. Zum vorliegenden Urteil Az.: 21 W 126/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main
- Datum: 07.07.2025
- Aktenzeichen: 21 W 126/24
- Verfahren: Antrag auf Europäisches Nachlasszeugnis (Beschwerdeverfahren)
- Rechtsbereiche: Europäisches Erbrecht, Internationales Erbrecht, Verfahrensrecht
- Das Problem: Ein deutscher und iranischer Doppelstaater starb und hinterließ umfangreiches Vermögen in mehreren Ländern. Mehrere angebliche Ehefrauen und sein behaupteter Sohn stritten sich massiv um die Wirksamkeit ihrer Ehen und die Erbquoten.
- Die Rechtsfrage: Muss das Gericht ein Europäisches Nachlasszeugnis ausstellen, wenn andere Beteiligte komplexe Einwände erheben, deren Klärung langwierige Ermittlungen im Ausland erfordert?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht wies den Antrag zurück und hob die Erstentscheidung auf. Das Zeugnis darf nicht erteilt werden, wenn die Einwände nur durch aufwendige und zeitintensive Ausforschungen in Drittstaaten geklärt werden können.
- Die Bedeutung: Die Gerichte müssen ein Europäisches Nachlasszeugnis versagen, wenn die Sachlage durch widersprüchliche Dokumente und ungeklärte Tatsachen aus dem Ausland zu komplex für eine schnelle Abwicklung ist. Eine nachträgliche Antragsrücknahme ist nur mit Zustimmung aller Beteiligten möglich.
Wann wird ein Europäisches Nachlasszeugnis trotz Millionenvermögen verweigert?
Ein Vermögen von über 36 Millionen Euro, verteilt auf vier Länder. Ein Verstorbener mit deutscher und iranischer Staatsbürgerschaft. Und ein erbitterter Streit zwischen vier Personen, die alle als enge Angehörige Anspruch auf das Erbe erheben. Dieser komplexe internationale Erbfall landete vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main, das in seinem Beschluss vom 07. Juli 2025 (Az.: 21 W 126/24) eine grundlegende Frage klären musste: Ist das Europäische Nachlasszeugnis, eigentlich ein Instrument zur Vereinfachung, auch dann zu erteilen, wenn die Faktenlage einem juristischen Labyrinth gleicht? Die Entscheidung des Gerichts offenbart die Grenzen dieses Instruments und zeigt, wann Gerichte die Notbremse ziehen müssen.
Was war der Auslöser für den jahrelangen Rechtsstreit?
Im Jahr 2021 verstarb ein Mann, der sowohl die iranische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft besaß. Sein Nachlass war beträchtlich und international verstreut: Geschäftsanteile, Immobilien und Geldvermögen in Deutschland, Frankreich, Luxemburg sowie weitere Beteiligungen im Iran. Das Reinvermögen wurde auf rund 36,1 Millionen Euro geschätzt. Nach seinem Tod entbrannte ein erbitterter Streit um die Erbfolge, an dem vier zentrale Parteien beteiligt waren:
- Ein Mann, der angab, der Sohn des Verstorbenen zu sein. Er legte eine amerikanische Geburtsurkunde vor.
- Eine Frau, die behauptete, seit 1990 in Kalifornien mit dem Erblasser verheiratet gewesen zu sein. Sie legte eine kalifornische Eheurkunde vor.
- Eine weitere Frau, die ihre Eheschließung mit einer Urkunde aus Teheran aus dem Jahr 1994 zu belegen versuchte. Sie bestritt vehement, dass der angebliche Sohn tatsächlich vom Erblasser abstammte….