Ein handschriftliches Testament setzte die Betreuerin als Erbin ein, knüpfte die Zuwendung aber an eine unbestimmte Erbeinsetzung: Sie müsse ihn bis zum Tode pflegen. Obwohl der Erblasser seinen Willen zur Belohnung klar äußerte, machte die vage Formulierung die gesamte Verfügung vor Gericht unwirksam. Zum vorliegenden Urteil Az.: 33 Wx 38/23e | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München
- Datum: 25.09.2023
- Aktenzeichen: 33 Wx 38/23e
- Verfahren: Verfahren der Erbscheinsbeschwerde
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Testamentsauslegung
- Das Problem: Eine Frau nannte in ihrem handschriftlichen Testament die pflegende Person als Alleinerbin. Die namentlich genannte Betreuerin beantragte nach dem Tod der Erblasserin einen Erbschein. Eine Gegenseite legte Beschwerde ein, weil sie das Testament für ungültig hielt.
- Die Rechtsfrage: Ist eine Person wirksam als Erbin eingesetzt, wenn das Testament sie zwar namentlich nennt, die Erbeinsetzung aber an das vage Kriterium „Pflege und Betreuung bis zum Tode“ koppelt?
- Die Antwort: Nein, der Erbscheinsantrag der Betreuerin wurde zurückgewiesen. Die Formulierung des Testaments war zeitlich und inhaltlich zu unbestimmt. Das Gericht konnte nicht zweifelsfrei feststellen, wer nach dem Willen der Erblasserin Erbe sein sollte.
- Die Bedeutung: Diese Entscheidung bekräftigt strenge Anforderungen an Testamente. Eine Erbeinsetzung darf nicht von Kriterien abhängen, die nachträglich nur durch Dritte oder den Zufall bestimmt werden können. Vage Formulierungen wie „Pflege bis zum Tod“ können zur Ungültigkeit der Erbeinsetzung führen.
Warum kann die Erbeinsetzung einer Pflegeperson im Testament unwirksam sein?
Ein letzter Wille erscheint oft als eine zutiefst persönliche und klare Anweisung: Wer Gutes tut, soll belohnt werden. Doch was passiert, wenn ein gut gemeinter Dank in einem Testament so formuliert ist, dass er vor Gericht scheitert? Genau diese Frage musste das Oberlandesgericht München am 25. September 2023 (Az. 33 Wx 38/23e) klären. Im Zentrum stand ein handschriftlicher letzter Wille mit dem Satz: „Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen!“ Obwohl die Verfasserin sogar eine konkrete Person namentlich erwähnte, befand das Gericht die gesamte Erbeinsetzung für unwirksam. Diese Entscheidung zeigt eindrücklich, dass der Wunsch des Erblassers allein nicht genügt – er muss auch juristisch unmissverständlich formuliert sein.
Was war der genaue Hintergrund dieses Falles?
Die Geschichte beginnt mit einer verwitweten und kinderlosen Frau, die im Jahr 2021 verstarb. Bereits 1965 hatte sie mit ihrem Mann einen Erbvertrag geschlossen, der dem überlebenden Partner das Recht einräumte, die Erbfolge nach dem zweiten Todesfall frei zu gestalten. Von diesem Recht machte sie am 1. April 2011 Gebrauch und verfasste ein handschriftliches Testament. Der entscheidende Satz lautete: „Mein letzter Wille! Die Person, die mich bis zu meinem Tode pflegt und betreut, soll mein gesamtes Vermögen bekommen! Zurzeit ist es: Frau … , wohnhaft … Ich bin im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte.“ Die im Testament namentlich genannte Frau war für die Erblasserin tatsächlich eine wichtige Bezugsperson. Ab 2014 wurde sie auf Wunsch der Erblasserin offiziell als eine von mehreren Betreuerinnen bestellt. Nach dem Tod der Erblasserin beantragte diese Frau folgerichtig einen Erbschein, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte….