Obwohl die notarielle Vollmacht zur Vermögensverwaltung explizit nach dem Tod der Eltern fortgelten sollte, weigerte sich das Grundbuchamt, die Immobilie umzuschreiben. Der Bevollmächtigte musste nun beweisen, dass eine scheinbar klare Klausel über Krankheit und Alter irrelevant für die tatsächliche Wirksamkeit war. Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 W 15/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Bremen
- Datum: 31.08.2023
- Aktenzeichen: 3 W 15/23
- Verfahren: Grundbuchbeschwerde
- Rechtsbereiche: Vertretungsrecht, Grundbuchrecht, Erbrecht
- Das Problem: Zwei Söhne wollten als Bevollmächtigte ihrer verstorbenen Eltern ein Grundstück im Grundbuch umschreiben lassen. Das Grundbuchamt weigerte sich. Es verlangte einen Erbschein, da es die Vollmacht wegen des Todes für erloschen hielt.
- Die Rechtsfrage: Gilt eine notarielle Vollmacht, die primär zur Regelung von Vermögensfragen im Krankheitsfall diente, auch über den Tod der Vollmachtgeber hinaus? Dürfen Bevollmächtigte, die gleichzeitig Erben sind, die Vollmachtsurkunde im Grundbuchverfahren nutzen?
- Die Antwort: Nein, das Eintragungshindernis besteht nicht. Die Vollmacht gilt für vermögensrechtliche Angelegenheiten auch nach dem Tod weiter. Das Grundbuchamt muss die Vollmacht akzeptieren und darf die Vorlage eines Erbscheins nicht zwingend verlangen.
- Die Bedeutung: Notarielle Vollmachten, die Vermögensangelegenheiten regeln, werden grundsätzlich als über den Tod hinaus wirksam angesehen. Dies ermöglicht den Bevollmächtigten die reibungslose Regelung des Nachlasses, ohne dass sofort ein Erbschein vorgelegt werden muss.
Gilt eine notarielle Vollmacht auch nach dem Tod der Eltern?
Zwei Söhne möchten den Nachlass ihrer verstorbenen Eltern regeln. In den Händen halten sie eine notariell beurkundete Vollmacht, die sie zur Verwaltung des elterlichen Vermögens ermächtigt. Sie glauben, damit alle notwendigen Werkzeuge zur Hand zu haben. Doch als sie ein Grundstück umschreiben lassen wollen, stellt sich das Grundbuchamt quer: Die Vollmacht sei mit dem Tod der Eltern erloschen, ein teurer und zeitaufwendiger Erbschein sei nun erforderlich. Dieser Konflikt landete schließlich vor dem Oberlandesgericht Bremen, das in seinem Beschluss vom 31. August 2023 (Az. 3 W 15/23) eine grundlegende Frage für die Nachlassplanung klären musste: Wann genau endet die Kraft einer Vollmacht – und wann wirkt sie über den Tod hinaus?
Was war der Auslöser für den Konflikt mit dem Grundbuchamt?
Die Geschichte beginnt im Jahr 2004. Ein Ehepaar erteilte seinen beiden Söhnen eine umfassende notarielle Vollmacht. Diese sollte es den Söhnen ermöglichen, alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten für die Eltern zu regeln. Die Urkunde enthielt jedoch eine auf den ersten Blick einschränkende Formulierung: Die Vollmacht solle „dann gelten, wenn wir beide durch Alter oder Krankheit daran gehindert sind, für uns selber zu sorgen.“ Fast zwei Jahrzehnte später, im Jahr 2022, verstarben beide Elternteile kurz nacheinander. Die Söhne, die laut einem handschriftlichen Testament auch die alleinigen Erben waren, wollten nun wie geplant den Nachlass verwalten und ein zum Erbe gehörendes Grundstück auf sich übertragen. Im Februar 2023 beauftragten sie einen Notar, der den Eigentümerwechsel beim Grundbuchamt beantragte und als Nachweis ihrer Handlungsbefugnis die notarielle Vollmacht aus dem Jahr 2004 vorlegte. Hier jedoch stießen sie auf unerwarteten Widerstand….