Eine Hochschulprofessorin zahlte jahrelang einen hohen Beitragszuschlag, um ihre Unterschenkelamputation in den Leistungsumfang der privaten Krankenversicherung aufzunehmen. Die Gesellschaft lehnte die Kostenübernahme dennoch ab und argumentierte, die stationäre Behandlung sei lediglich eine ausgeschlossene Rehabilitation. Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 U 447/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht
- Datum: 13.10.2025
- Aktenzeichen: 8 U 447/24
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Private Krankenversicherung, Vertragsrecht
- Das Problem: Eine privat versicherte Frau forderte von ihrer Krankenkasse die Erstattung von Kosten für zwei stationäre Nachbehandlungen nach einer Unterschenkelamputation. Die Versicherung lehnte die Zahlung ab, da sie die Aufenthalte als ausgeschlossene Kur- oder Rehabilitationsmaßnahmen einstufte.
- Die Rechtsfrage: Muss die private Krankenversicherung die Kosten für notwendige stationäre Aufenthalte zahlen, wenn der Vertrag Reha-Maßnahmen ausschließt, aber die Vorerkrankung (Amputation) im Vertrag gesondert gegen einen Beitragszuschlag versichert wurde?
- Die Antwort: Ja. Das Gericht bestätigte, dass die Versicherung die Aufenthalte und das Krankenhaustagegeld bezahlen muss. Die Versicherung konnte nicht beweisen, dass die Behandlungen eindeutig unter die eng auszulegenden Ausschlussklauseln fielen.
- Die Bedeutung: Private Krankenversicherungen müssen die Voraussetzungen für Risikoausschlüsse (wie Kur- oder Reha-Behandlung) vollständig beweisen. Wurde eine spezielle Vorerkrankung gegen Zuschlag versichert, kann der Versicherte darauf vertrauen, dass übliche Nachbehandlungen hiervon umfasst sind.
Muss die Private Krankenversicherung Reha-Kosten trotz Ausschlussklausel zahlen?
Eine Hochschulprofessorin lebt seit ihrer frühen Kindheit mit einer Unterschenkelamputation. Als Beamtin entscheidet sie sich 2011 bewusst für eine private Krankenversicherung. Bei Vertragsabschluss legt sie ihre Krankengeschichte vollständig offen und betont, dass sie auch in Zukunft auf wiederkehrende stationäre Behandlungen angewiesen sein wird. Die Versicherung nimmt sie auf, vermerkt die Amputation unter der Sondervereinbarung „RI / 2“ im Versicherungsschein und erhebt dafür einen dauerhaften Beitragszuschlag. Jahre später, nach zwei medizinisch notwendigen Klinikaufenthalten, folgt das böse Erwachen: Die Versicherung weigert sich zu zahlen. Es handle sich um Rehabilitationsmaßnahmen, die laut den Allgemeinen Versicherungsbedingungen ausgeschlossen seien. Dieser Konflikt führte zu einem Rechtsstreit, der vor dem Oberlandesgericht mit Urteil vom 13. Oktober 2025 unter dem Aktenzeichen 8 U 447/24 entschieden wurde. Das Gericht musste eine grundlegende Frage klären: Wiegt eine individuelle Vereinbarung über ein bekanntes Risiko schwerer als eine allgemeine Ausschlussklausel im Kleingedruckten? Und wer muss im Zweifel beweisen, was eine Behandlung tatsächlich ist – eine versicherte Heilbehandlung oder eine ausgeschlossene Reha?
Was genau war passiert?
Die Professorin, Jahrgang 1971, unterzog sich zwei stationären Behandlungen, die direkt im Zusammenhang mit ihrer seit 1972 bestehenden Amputation standen. Der erste Aufenthalt fand vom 12. November bis zum 1. Dezember 2018 in einer „Rehabilitations-Fachklinik“ statt und kostete 3.518,42 €. Der zweite folgte vom 16. Juni bis zum 7. Juli 2021 in einer „Fachklinik für Orthopädie“ und schlug mit 9.686,26 € zu Buche….