Im zahnärztlichen Behandlungsfehlerprozess führte die Rüge gegen den Gutachter zu einer unzulässigen Verspätung Ablehnungsgesuch durch den beklagten Arzt. Der Ablehnungsantrag wurde nicht wegen der inhaltlichen Mängel abgewiesen, sondern weil die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen massiv überschritten war. Zum vorliegenden Urteil Az.: I-5 W 28/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Köln
- Datum: 09.10.2025
- Aktenzeichen: I-5 W 28/25
- Verfahren: Beschwerdeverfahren (Ablehnung Sachverständiger)
- Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht, Arzthaftung
- Das Problem: Ein Zahnarzt wollte einen gerichtlich bestellten Gutachter ablehnen. Er meinte, der Gutachter sei befangen und habe seinen Auftrag überschritten. Als weiteren Grund führte er an, der Sachverständige habe eine Frage mit dem Wort „Unsinn“ beantwortet.
- Die Rechtsfrage: Durfte der Zahnarzt den Gutachter wegen Befangenheit ablehnen? Oder hat er die Ablehnung zu spät beantragt?
- Die Antwort: Nein, der Antrag wurde endgültig zurückgewiesen. Das Gericht hielt den Antrag für unzulässig verspätet. Mängel im Gutachten begründen in der Regel keine Befangenheit des Sachverständigen.
- Die Bedeutung: Wer einen Sachverständigen ablehnen will, muss dies sofort tun, sobald die Gründe bekannt werden. Allgemeine Kritik an der fachlichen Qualität eines Gutachtens ist allein kein Beweis für Parteilichkeit.
Wann ist ein Gutachter befangen – und wann ist es zu spät, das zu rügen?
In einem Gerichtsprozess hängt oft alles von der Einschätzung eines einzigen Experten ab. Doch was passiert, wenn eine Partei das Gefühl hat, dieser Sachverständige sei nicht neutral, sondern voreingenommen? Ein Zahnarzt befand sich genau in dieser Lage und versuchte, den vom Gericht bestellten Gutachter abzulehnen. Sein Vorwurf gipfelte in einem einzigen Wort, das der Experte ihm in der mündlichen Verhandlung entgegengeschleudert haben soll: „Unsinn“. Der Fall landete schließlich vor dem Oberlandesgericht Köln, das am 9. Oktober 2025 unter dem Aktenzeichen I-5 W 28/25 eine Entscheidung traf, die eine klare Lektion in prozessualer Disziplin erteilt. Sie zeigt, dass der Vorwurf der Befangenheit nicht nur gut begründet, sondern vor allem rechtzeitig vorgebracht werden muss.
Was war der Auslöser des Streits?
Die Geschichte beginnt mit einem zahnärztlichen Behandlungsfehlerprozess. Ein Patient verklagte seinen Zahnarzt wegen angeblicher Probleme, die nach einer Behandlung aufgetreten waren. Um die medizinischen Fakten zu klären, leitete das Landgericht Aachen ein sogenanntes Selbständiges Beweisverfahren ein. Das ist ein juristisches Instrument, um schnell und noch vor dem eigentlichen Hauptprozess wichtige Beweise zu sichern – in diesem Fall durch das Gutachten eines neutralen Experten. Das Gericht bestellte den Sachverständigen Dr. L., der am 20. Januar 2024 sein Gutachten vorlegte. Der beklagte Zahnarzt erhielt eine Frist bis zum 28. April 2024, um zu diesem Gutachten Stellung zu nehmen. Monate später, am 14. August 2024, kam es zur mündlichen Anhörung des Gutachters vor Gericht. Hier stellte der Anwalt des Zahnarztes eine Frage, die er bereits im März schriftlich angekündigt hatte: Könnten die Probleme des Patienten mit seiner Aufbissschiene nicht einfach daran liegen, dass er sie lange nicht getragen habe? Laut Sitzungsprotokoll fiel hier die knappe Antwort des Gutachters: „Unsinn“. Der eigentliche Paukenschlag erfolgte jedoch erst viele Monate später….