Um ein Bußgeld wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung abzuwenden, beging der Halter eine falsche Verdächtigung bei nicht existierender Person, indem er einen Fantasienamen nannte. Das bayerische Gericht musste nun entscheiden, ob eine Verdächtigung ins Leere laufen kann und welche Aufklärungspflicht die Justiz verletzt hatte. Zum vorliegenden Urteil Az.: 203 StRR 93/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
- Datum: 07.04.2025
- Aktenzeichen: 203 StRR 93/25
- Verfahren: Revision in einer Strafsache
- Rechtsbereiche: Strafrecht, Falsche Verdächtigung, Beweiswürdigung
- Das Problem: Ein Betroffener in einem Verfahren nannte als Fahrer seines Autos einen Bekannten. Später gab er an, diese benannte Person existiere gar nicht. Das Amtsgericht verurteilte ihn trotzdem wegen falscher Verdächtigung.
- Die Rechtsfrage: Macht man sich strafbar, wenn man eine Person erfindet, um von sich selbst abzulenken? Muss das Gericht prüfen, ob diese benannte Person überhaupt existiert?
- Die Antwort: Das vorherige Urteil wurde aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Die strafbare falsche Verdächtigung setzt zwingend voraus, dass die belastete Person tatsächlich existiert. Das Gericht hatte diese Existenz nicht ausreichend aufgeklärt.
- Die Bedeutung: Gerichte müssen vor einer Verurteilung wegen falscher Verdächtigung alle Ermittlungsmöglichkeiten ausschöpfen. Es reicht nicht aus, wenn eine Behörde nur unnötigen Verwaltungsaufwand hatte oder das Gericht spekuliert.
Falsche Verdächtigung bei nicht existierender Person: Warum eine clevere Lüge nicht immer strafbar ist
Ein Mann teilt der Polizei mit, ein Bekannter namens „T.“ sei mit seinem Auto zu schnell gefahren. Später gibt er vor Gericht zu: Diesen Bekannten gibt es gar nicht. Ist das bereits eine strafbare falsche Verdächtigung, weil die Behörden unnötig ermitteln mussten? Oder schützt das Gesetz nur real existierende Personen vor falschen Anschuldigungen? In einer wegweisenden Entscheidung vom 7. April 2025 (Az. 203 StRR 93/25) musste das Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) die genauen Grenzen dieses Straftatbestands ziehen und korrigierte damit ein Urteil der Vorinstanz fundamental.
Was war genau passiert?
Die Geschichte beginnt mit einem alltäglichen Ärgernis: einer Verkehrsordnungswidrigkeit. Der Halter eines Fahrzeugs wurde als Betroffener angehört. Um das Bußgeld von sich abzuwenden, griff er zu einer scheinbar einfachen Lösung. Am 14. November 2023 erklärte er gegenüber Polizeibeamten, nicht er selbst, sondern ein Bekannter namens „T.“ sei zur Tatzeit am Steuer gesessen. Um seiner Geschichte Glaubwürdigkeit zu verleihen, fügte er hinzu, dieser „T.“ halte sich regelmäßig einmal im Monat an seiner Wohnanschrift auf. Diese Angabe setzte den behördlichen Apparat in Bewegung. Das Polizeiverwaltungsamt ordnete pflichtgemäß die Anhörung des benannten Fahrers an. Doch die Ermittlungen liefen ins Leere. Als der Fall schließlich vor dem Amtsgericht Schwabach verhandelt wurde, änderte der Fahrzeughalter seine Strategie. Anwaltlich vertreten erklärte er nun, die von ihm benannte Person „T.“ existiere überhaupt nicht. Das Amtsgericht schenkte diesem Widerruf jedoch keinen Glauben. Die Richter werteten die neue Aussage als reine Schutzbehauptung, die nur auf Anraten des Anwalts zustande gekommen sei. Sie gingen davon aus, dass die ursprüngliche Aussage bei der Polizei die Wahrheit war und verurteilten den Mann am 10….