Nach einem vermuteten Einbruchdiebstahl forderte der Betreiber eines Lebensmittelladens in Hamm 74.000 Euro von seiner Geschäftsinhaltsversicherung. Die Versicherung zahlte keinen Cent, da fehlende Spuren und widersprüchliche Aussagen massive Zweifel am tatsächlichen Schadenfall aufwarfen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 6 U 29/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Hamm
- Datum: 11.04.2024
- Aktenzeichen: 6 U 29/22
- Verfahren: Berufung
- Rechtsbereiche: Versicherungsrecht, Zivilprozessrecht
- Das Problem: Eine Ladenbesitzerin verlangte von ihrer Versicherung eine Zahlung wegen eines behaupteten Einbruchdiebstahls und Vandalismus. Die Versicherung weigerte sich, da sie Zweifel am Hergang des Einbruchs hatte.
- Die Rechtsfrage: Muss eine Geschäftsinhaltsversicherung leisten, wenn der Versicherungsnehmer den behaupteten Einbruch nicht durch eindeutige Spuren oder widerspruchsfreie Zeugenaussagen belegen kann?
- Die Antwort: Nein. Der Versicherungsnehmer muss das äußere Bild eines Einbruchdiebstahls lückenlos nachweisen. Das Gericht sah keine geeigneten Einbruchspuren für ein gewaltsames Eindringen. Die Angaben des Geschäftsführers waren nicht plausibel und widersprachen den Zeugenaussagen und Polizeiberichten.
- Die Bedeutung: Versicherungsnehmer tragen die volle Beweislast für das versicherte Ereignis. Fehlen die erforderlichen Einbruchspuren oder sind die Schilderungen widersprüchlich, geht dies zu Lasten des Versicherten.
Keine Spuren, kein Geld? Warum die Beweislast für das „äußere Bild“ eines Einbruchdiebstahls entscheidend ist
Ein verwüsteter Lebensmittelladen, eine zerstörte Kühlanlage und ein Schaden von über 74.000 Euro – für den Inhaber ein Desaster. Für seine Geschäftsinhaltsversicherung schien der Fall klar: Ein Einbruchdiebstahl, der zu ersetzen ist. Doch die Versicherung weigerte sich zu zahlen. Ihr Argument: Es fehlte an überzeugenden Spuren, die einen Einbruch beweisen. Dieser Streit landete schließlich vor dem Oberlandesgericht Hamm, das am 11. April 2024 unter dem Aktenzeichen 6 U 29/22 eine Entscheidung traf, die für jeden Unternehmer mit einer Sachversicherung von fundamentaler Bedeutung ist. Sie beleuchtet eine der kritischsten Hürden im Versicherungsrecht: die Pflicht des Versicherten, das „äußere Bild“ eines Einbruchs lückenlos nachzuweisen.
Was war genau passiert?
Ein Unternehmer eröffnete 2019 einen Lebensmittelladen in Hamm und schloss dafür ab dem 1. Mai 2019 eine Geschäftsinhaltsversicherung ab. Diese deckte unter anderem Schäden durch Einbruchdiebstahl und Vandalismus ab. Nur wenige Monate später, am 10. November 2019, meldete er der Polizei einen verheerenden Einbruch. Seiner Darstellung nach waren unbekannte Täter in das Geschäft eingedrungen, vermutlich durch ein kleines Fenster im hinteren Lagerraum. Sie hätten die Stromzufuhr der Kühlbereiche gekappt, die Überwachungstechnik gestohlen und die zentrale Kälteverbundanlage vorsätzlich zerstört. Der entstandene Schaden belief sich laut dem Ladeninhaber auf mindestens 74.091,41 Euro. Bereits wenige Tage nach der Meldung ließ er die Kühlanlage für über 12.000 Euro reparieren und forderte die gesamte Summe von seiner Versicherung. Die Versicherung schickte einen Gutachter und prüfte den Fall, verweigerte am Ende aber die Leistung. Sie bestritt, dass überhaupt ein versicherter Einbruch stattgefunden habe. Es gäbe keine eindeutigen Einbruchspuren, die ein gewaltsames Eindringen belegen würden….