Da die nötigen Zahlen fehlten, setzte der Notar für den Erbvertrag eine Geschäftswert Schätzung von einer Million Euro an. Trotz Vorlage der tatsächlich geringeren Vermögenswerte sollte eine nachträgliche Korrektur der Notarkosten nicht mehr möglich sein. Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 OH 12/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Offenburg
- Datum: 20.02.2025
- Aktenzeichen: 4 OH 12/24
- Verfahren: Gerichtliche Überprüfung von Notarkosten
- Rechtsbereiche: Notarkostenrecht, Erbrecht
- Das Problem: Bürger beauftragten einen Notar mit der Beurkundung eines Erbvertrags. Sie gaben dem Notar die geforderte Vermögensaufstellung nicht zurück. Der Notar schätzte daraufhin den Wert für die Gebühren auf 1.000.000,00 Euro. Die Bürger verlangten die Korrektur der Rechnung, da ihr tatsächliches Vermögen nur 719.000,00 Euro betrage.
- Die Rechtsfrage: Darf ein Notar die Gebühren für einen Erbvertrag schätzen, wenn die Kunden die notwendigen Vermögensdaten nicht liefern? Ist die Korrektur der Rechnung möglich, wenn der Kunde später einen niedrigeren Wert nachweist?
- Die Antwort: Nein, die Korrektur wurde abgelehnt. Der Notar durfte den Wert schätzen, weil die Kunden ihre Pflicht zur Mitwirkung verletzt hatten. Eine ordnungsgemäße Schätzung kann später nicht mehr durch den Nachweis eines niedrigeren Werts geändert werden.
- Die Bedeutung: Kunden müssen Notaren alle relevanten Vermögensdaten vollständig und rechtzeitig mitteilen. Kommen Kunden dieser Pflicht nicht nach, darf der Notar den Gebührenwert selbst schätzen. Diese Schätzung ist verbindlich und kann nachträglich nicht mehr korrigiert werden.
Der Fall vor Gericht
Darf ein Notar die Kosten für einen Erbvertrag einfach schätzen?
Es ist der Moment, den niemand mag: Eine Rechnung kommt und sie ist höher als erwartet. Ein Ehepaar, das seinen Nachlass per Erbvertrag geregelt hatte, fand sich genau in dieser Lage wieder. Die Notarkosten basierten auf einem geschätzten Vermögen von einer Million Euro. Doch ihr tatsächliches Vermögen, so rechneten sie nun eilig nach, betrug nur 719.000 Euro. Mit dieser neuen Zahl wollten sie die Rechnung korrigieren lassen – ein logischer Schritt. Doch vor dem Landgericht Offenburg lernten sie eine harte Lektion: Im Notarkostenrecht kann eine zu spät gelieferte Wahrheit wertlos sein, wenn zuvor eine Schätzung rechtmäßig war. Die Antwort auf die Frage ist ein klares Ja, aber an Bedingungen geknüpft. Ein Notar darf den Geschäftswert – also die Summe, nach der sich seine Gebühren richten – nicht willkürlich festlegen. Seine Aufgabe ist es, den tatsächlichen Wert zu ermitteln. Bei einem Erbvertrag ist das der Wert des gesamten Vermögens der Erblasser zum Zeitpunkt der Beurkundung, wie es § 97 und § 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) vorschreiben. Um diesen Wert zu bestimmen, ist der Notar auf die Hilfe seiner Mandanten angewiesen. Das Gesetz verpflichtet die Beteiligten ausdrücklich zur Mitwirkung. Sie müssen alle relevanten Umstände vollständig und wahrheitsgemäß angeben (§ 95 Satz 1 und 2 GNotKG). Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, gibt das Gesetz dem Notar ein mächtiges Werkzeug in die Hand: Er darf den Wert „nach billigem Ermessen“ schätzen (§ 95 Satz 3 GNotKG). Diese Schätzung ist keine Strafe, sondern eine notwendige Konsequenz, um das Verfahren abzuschließen und eine Rechnung erstellen zu können.
Warum durfte der Notar hier eine Million Euro ansetzen?…