Weil das Gericht die Anhörung im Erbscheinverfahren vergessen hatte, musste ein Erbschein nachträglich eingezogen werden. Doch die Kosten für die Korrektur des eigenen Fehlers wollte das Nachlassgericht der unbeteiligten Partei auferlegen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 33 Wx 332/24 e | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München, Senat
- Datum: 05.09.2025
- Aktenzeichen: 33 Wx 332/24 e
- Verfahren: Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung im Nachlassverfahren
- Rechtsbereiche: Nachlassrecht, Gerichtliches Kostenrecht
- Das Problem: Ein Mann, der sich als Erbe sah, wurde vor der Erteilung des Erbscheins nicht angehört. Er beantragte daraufhin die Einziehung des Erbscheins. Das Nachlassgericht legte ihm die Kosten für diesen Antrag auf.
- Die Rechtsfrage: War es rechtlich falsch, dass das Gericht dem Mann die Verfahrenskosten auferlegte, obwohl es ihn bei der ursprünglichen Erbschein-Erteilung nicht angehört hatte?
- Die Antwort: Ja, die Kostenauferlegung war unzulässig. Das ursprüngliche Gericht hat die fehlende Anhörung nicht berücksichtigt. Dieser Fehler war die Hauptursache für das spätere Einziehungsverfahren.
- Die Bedeutung: Gerichte müssen alle möglichen Betroffenen im Erbscheinverfahren anhören. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann dazu führen, dass dem Betroffenen keine gerichtlichen Kosten für spätere Korrekturversuche auferlegt werden dürfen.
Der Fall vor Gericht
Wessen Fehler war am Ende teurer: der des Bürgers oder der des Gerichts?
Am Ende eines Rechtsstreits steht immer eine Rechnung. Im Fall eines Münchner Erbes lag genau diese Rechnung auf dem Tisch des Oberlandesgerichts. Sie wies die Gerichtskosten für ein Verfahren aus, das ein Mann angestrengt hatte, um einen bereits erteilten Erbschein anzufechten. Das Nachlassgericht hatte zuvor entschieden: Der Mann soll zahlen. Schließlich habe er das Verfahren ja losgetreten. Doch der Fall hatte einen Haken, einen entscheidenden Formfehler aus der allerersten Runde: Das Gericht hatte vergessen, genau diesen Mann anzuhören, bevor es den Erbschein ausstellte. Die Richter der höheren Instanz mussten klären, was teurer ist: Ein Bürger, der sein Recht sucht, oder ein Gericht, das seine Pflicht verletzt?
Was war die Ausgangslage des Erbstreits?
Ein kinderloser Mann verstarb 2022 in München. Er hinterließ ein Testament aus dem Jahr 1992. Darin vermachte er seinen Grundbesitz und diverse Versicherungen an vier Personen. Einen weiteren Mann – den späteren Beschwerdeführer – bedachte er mit einem Anwesen in der W-Straße. Dieses Anwesen hatte der Erblasser allerdings schon Jahre vor seinem Tod verkauft. Im März 2023 beantragte eine der vier Personen einen Erbschein. Dieser sollte die vier als alleinige Erben zu je einem Viertel ausweisen. Das Nachlassgericht stimmte zu und stellte das Dokument prompt aus. Der Mann aus der W-Straße erfuhr davon erst Monate später. Das Gericht schickte ihm eine Kopie des Testaments und informierte ihn über den bereits erteilten Erbschein. Er war vorher nicht gefragt worden. Der Mann war überzeugt, seine Nennung im Testament mache ihn ebenfalls zum Erben, womöglich sogar zum Haupterben. Er legte Einspruch ein und beantragte, den falschen Erbschein wieder einzuziehen. Nach einem rechtlichen Hinweis des Gerichts verfolgte er diesen Antrag später nicht weiter. Der Streit um das Erbe war damit beendet – der Streit ums Geld begann.
Warum sollte der Mann die Kosten für das Verfahren tragen?…