Ein Betriebsrats-Initiator im Sicherheitsdienst wurde nach nur 14 Tagen fristlos gekündigt, obwohl er den besonderen Kündigungsschutz in der Wartezeit beanspruchte. Das Landesarbeitsgericht sah dennoch eine unerwartete Hürde, die den anscheinend robusten Schutz des Arbeitnehmers hinfällig machte. Zum vorliegenden Urteil Az.: 10 SLa 2/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht München
- Datum: 20.08.2025
- Aktenzeichen: 10 SLa 2/25
- Verfahren: Kündigungsschutzklage (Berufung)
- Rechtsbereiche: Kündigungsschutz, Betriebsverfassungsrecht, Arbeitsrecht (Probezeit)
- Das Problem: Ein neuer Mitarbeiter wurde in der sechsmonatigen Probezeit gekündigt. Er wehrte sich gegen die Kündigung, weil er kurz zuvor die Gründung eines Betriebsrats initiierte und dies notariell beglaubigen ließ.
- Die Rechtsfrage: Gilt der spezielle Kündigungsschutz für Initiatoren einer Betriebsratswahl schon, wenn das Arbeitsverhältnis noch nicht länger als sechs Monate besteht (Wartezeit)?
- Die Antwort: Nein, das Gericht hielt die Kündigung für wirksam. Der besondere Schutz für Betriebsrats-Gründer greift nach dieser Entscheidung nicht während der sechsmonatigen Wartezeit. Zusätzlich verlor der Kläger sein Recht, weil er den Arbeitgeber nicht innerhalb von drei Wochen über den Sonderkündigungsschutz informierte (Verwirkung).
- Die Bedeutung: Der besondere Kündigungsschutz für Initiatoren einer Betriebsratswahl greift nach dieser Auffassung nicht automatisch in der Wartezeit. Arbeitnehmer müssen den Arbeitgeber zudem innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung über das Bestehen des Sonderkündigungsschutzes informieren, falls dieser davon keine Kenntnis hat.
Der Fall vor Gericht
Kann ein Schutzschild, das der Arbeitgeber nicht kennt, eine Kündigung in der Probezeit verhindern?
Als ein Sicherheitsunternehmen seinem neuen Mitarbeiter nach nur 14 Tagen die Kündigung überreichte, schien die Sache klar: eine gewöhnliche Trennung in der Probezeit. Das Unternehmen ahnte nicht, dass der Gekündigte einen juristischen Trumpf in der Tasche hatte – eine notarielle Urkunde, die ihn zum Initiator einer Betriebsratswahl machte. Doch der Mann spielte seine Karte zu spät aus. Das Landesarbeitsgericht München musste klären, ob ein Schutzrecht, das man geheim hält, überhaupt schützen kann. Die Kündigung war aus Sicht des Arbeitgebers eine reine Formsache. Der neue Sicherheitsmitarbeiter sei für die Tätigkeit ungeeignet – sein Erscheinungsbild ungepflegt, während des Dienstes lese er Zeitung. Eine typische Probezeitkündigung. Der Mitarbeiter sah das anders. Er hatte kurz nach Arbeitsantritt seinen Plan zur Gründung eines Betriebsrats notariell beglaubigen lassen. Einen Tag vor der Kündigung informierte er das Unternehmen per E-Mail über seine Absicht, eine Betriebsversammlung einzuberufen. Damit, so seine Überzeugung, stehe er unter dem besonderen Kündigungsschutz für Initiatoren einer Betriebsratswahl (§ 15 Abs. 3b Kündigungsschutzgesetz). Die Kündigung sei unwirksam. Das Unternehmen wiederum wusste bei Ausspruch der Kündigung nichts von der notariellen Urkunde. Es sah nur einen Mitarbeiter, der in der Probezeit nicht überzeugte.
Warum griff der besondere Kündigungsschutz für Betriebsratsgründer hier nicht?
Das Gericht pulverisierte die Hoffnung des Mitarbeiters auf besonderen Schutz – mit einer klaren juristischen Systematik….