Einer Seniorin drohte die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtvorlage des Gutachtens, als die Behörden aufgrund eines Verdachts auf Demenz ihre Fahrtüchtigkeit überprüfen wollten. Obwohl die Fahrerin anschließend ärztliche Atteste nachreichte, stand das Gericht vor einer rechtlichen Zwangslage, die alle Zweifel ausschloss. Zum vorliegenden Urteil Az.: 11 ZB 25.637 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH München)
- Datum: 18.09.2025
- Aktenzeichen: 11 ZB 25.637
- Verfahren: Beschluss zur Ablehnung der Berufungszulassung (Bestätigung der Entziehung der Fahrerlaubnis)
- Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht, Medizinische Fahreignung, Verwaltungsrecht
- Das Problem: Eine Autofahrerin musste wegen ernsthafter gesundheitlicher Bedenken (Delir und Demenzverdacht nach Krankenhausaufenthalt) ihre Fahrtüchtigkeit durch ein ärztliches Gutachten nachweisen. Sie weigerte sich, dieses Gutachten vorzulegen. Das zuständige Amt entzog ihr daraufhin den Führerschein.
- Die Rechtsfrage: Durfte das Amt den Führerschein entziehen, nur weil die Fahrerin das zu Recht geforderte Gutachten nicht erbrachte, auch wenn sie später im Gerichtsverfahren andere medizinische Papiere einreichte, um die gesundheitlichen Zweifel zu widerlegen?
- Die Antwort: Ja. Die ursprüngliche Forderung des Gutachtens war aufgrund der ärztlichen Diagnosen berechtigt. Da die Fahrerin das Gutachten nicht vorlegte, durfte das Gericht von fehlender Fahreignung ausgehen. Die nachträglich vorgelegten Unterlagen beseitigten die anfänglichen Bedenken nicht restlos und eindeutig.
- Die Bedeutung: Hat die Behörde einen begründeten medizinischen Anfangsverdacht, muss der Betroffene aktiv mitwirken und ein Gutachten beibringen. Unsichere oder nachträglich eingereichte Gegenbeweise aus anderen Verfahren (wie Betreuungsverfahren) sind nicht ausreichend, um die Pflicht zur Gutachtensvorlage aufzuheben.
Der Fall vor Gericht
Warum zweifelte die Behörde an der Fahreignung einer seit über 50 Jahren unauffälligen Autofahrerin?
Ein vorläufiger Arztbrief landet auf dem Schreibtisch der Führerscheinbehörde. Die Diagnose: „Delir bei vaskulärer Demenz“. Für die Beamten ist das ein Alarmsignal. Sie fordern von der betroffenen Seniorin, die seit 1969 ihren Führerschein besitzt, ein spezielles Fahreignungsgutachten. Die Frau weigert sich, hält die Diagnose für falsch und die Forderung für eine Schikane. Ein folgenschwerer Fehler. Damit trat eine unerbittliche Regel der Fahrerlaubnis-Verordnung in Kraft, die eine solche Weigerung fast automatisch in den Beweis der eigenen Fahruntauglichkeit ummünzt. Der Anstoß kam von der Tochter der Fahrerin. Sie übermittelte dem Landratsamt einen Arztbrief aus einem kürzlichen Krankenhausaufenthalt ihrer Mutter. Darin dokumentierten die Ärzte nach einer Covid-Infektion ein Delir, ausgelöst bei einer vorbestehenden „leichtgradigen dementiellen Symptomatik“. Die Mediziner rieten, die Frau vorerst nicht mehr fahren zu lassen. Für die Behörde waren das genug Anhaltspunkte, um die Fahreignung offiziell prüfen zu lassen. Sie ordnete die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens an, wie es das Gesetz bei begründeten Zweifeln vorsieht (§ 11 Fahrerlaubnis-Verordnung, FeV). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bestätigte später diese erste Weichenstellung. Für eine solche Anordnung muss die Fahruntauglichkeit keineswegs feststehen. Es genügt ein begründeter Anfangsverdacht. Der Arztbrief lieferte diesen Verdacht….