Ein Maschinenbediener forderte wegen der schweren Folgen des Long-Covid-Syndroms beim Grad der Behinderung eine Erhöhung auf 50. Trotz anerkannter kritischer Nervenschäden wurde das Long-Covid-Syndrom vom Gericht nicht als gesonderter Teil-GdB anerkannt. Zum vorliegenden Urteil Az.: L 6 SB 1119/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landessozialgericht Baden-Württemberg
- Datum: 18.09.2025
- Aktenzeichen: L 6 SB 1119/24
- Verfahren: Berufung
- Rechtsbereiche: Schwerbehindertenrecht, Sozialrecht
- Das Problem: Ein Mann forderte nach einer schweren COVID-19-Erkrankung die Erhöhung seines Grades der Behinderung (GdB) von 40 auf 50. Er machte geltend, die Folgen des sogenannten Long-Covid-Syndroms seien als eigenständige Behinderung zu bewerten.
- Die Rechtsfrage: Reichen die gesundheitlichen Folgen der schweren COVID-19-Erkrankung aus, um den Gesamt-GdB auf mindestens 50 zu erhöhen? Darf das „Long-Covid-Syndrom“ dabei als gesonderter GdB-Wert anerkannt werden?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht wies die Berufung zurück und bestätigte den Gesamt-GdB von 40. Das sogenannte Long-Covid-Syndrom darf keinen gesonderten Teil-GdB begründen, sondern die Symptome müssen den betroffenen Körpersystemen zugeordnet werden.
- Die Bedeutung: Das Urteil bestätigt, dass allgemeine Diagnosen wie „Long-Covid“ oder „Fatigue“ nicht isoliert bewertet werden. Stattdessen sind für die Feststellung des Grades der Behinderung nur die messbaren, konkreten Einschränkungen in den einzelnen Funktionssystemen relevant (z. B. im Nervensystem oder Bewegungsapparat).
Der Fall vor Gericht
Kann man für Long-Covid einen eigenen Grad der Behinderung verlangen?
Im Recht der Schwerbehinderung ist die Zahl 50 eine magische Grenze. Sie entscheidet über Schutzrechte, Steuererleichterungen und früheren Renteneintritt. Ein Maschinenbediener, bereits mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 30 eingestuft, glaubte, diese Grenze nach einer verheerenden Covid-Infektion locker zu überspringen. Seine Ärzte dokumentierten eine lange Liste neuer Leiden. Doch die Behörde und später die Gerichte sahen das anders. Sie begannen, seine Beschwerden nicht zu summieren, sondern zu sortieren – und landeten bei der Zahl 40. Ein juristisches Rechenspiel, das alles veränderte.
Worum drehte sich der Streit im Kern?
Der Mann litt schon vor seiner Covid-Erkrankung unter mehreren gesundheitlichen Problemen. Eine entzündlich-rheumatische Erkrankung, ein Bandscheibenvorfall und weitere Leiden hatten ihm bereits einen GdB von 30 eingebracht. Ende 2020 traf ihn eine schwere COVID-19-Pneumonie. Er musste intubiert und wochenlang beatmet werden. Zurück blieben massive Folgeschäden: Nervenschmerzen, Kribbeln in Händen und Füßen, eine massive Erschöpfung und Konzentrationsprobleme. Im April 2021 beantragte er bei der zuständigen Behörde eine Neubewertung. Sein Ziel war die Feststellung eines GdB von mindestens 50 und die Zuerkennung von Merkzeichen für Gehbehinderung. Die Behörde lehnte ab. Sie sah keine wesentliche Verschlechterung, die über den bereits anerkannten GdB von 30 hinausging. Der Mann klagte vor dem Sozialgericht Heilbronn. Dieses sprach ihm immerhin einen GdB von 40 zu. Dem Mann reichte das nicht. Er legte Berufung beim Landessozialgericht ein. Sein zentrales Argument: Die vielfältigen Folgen seiner Covid-Erkrankung – zusammengefasst unter dem Begriff „Long-Covid“ – müssten als einheitliches, schweres Krankheitsbild mit einem eigenen hohen Wert anerkannt werden….