Ein Schuldner versuchte, die monatliche Zwangsvollstreckung abzuwenden durch Hinterlegung der fälligen Leibrentenraten beim Amtsgericht. Die Hinterlegungsstelle nahm das Geld zwar an, doch die geplante Abwendung der Vollstreckung scheiterte trotzdem. Zum vorliegenden Urteil Az.: 101 VA 105/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
- Datum: 25.09.2025
- Aktenzeichen: 101 VA 105/25
- Verfahren: Antrag auf gerichtliche Entscheidung
- Rechtsbereiche: Hinterlegungsrecht, Zwangsvollstreckungsrecht, Schuldrecht
- Das Problem: Ein Käufer, der monatliche Leibrenten schuldet, kürzte die Zahlung und hinterlegte den gekürzten Betrag bei Gericht, um eine Zwangsvollstreckung zu verhindern. Die Verkäufer (Gläubiger) klagten gegen die gerichtliche Annahme dieser Hinterlegung.
- Die Rechtsfrage: Dürfen Gläubiger die gerichtliche Annahme einer Hinterlegung erfolgreich anfechten, wenn der Schuldner die Zahlung nur hinterlegt hat, um eine Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde abzuwehren?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht wies den Antrag der Gläubiger als unzulässig ab, weil die bloße Annahme der Hinterlegung ihre materiellen Ansprüche oder ihre Rechte aus der Zwangsvollstreckung nicht unmittelbar verletzt. Eine Hinterlegung, die nur zur Abwendung einer Vollstreckung aus einer Notarurkunde dient, ist ohnehin unwirksam, da diese Möglichkeit gesetzlich ausgeschlossen ist.
- Die Bedeutung: Eine formell wirksame Hinterlegung durch die Hinterlegungsstelle stoppt nicht automatisch eine Zwangsvollstreckung aus einem Notarvertrag. Ohne einen gesetzlichen Hinterlegungsgrund wird die Schuld des Schuldners durch die Hinterlegung nicht getilgt.
Der Fall vor Gericht
Warum wurde eine Verkäuferin vom Gericht abgewiesen, obwohl sie im Recht war?
Eine Verkäuferin sicherte ihren Lebensunterhalt durch eine monatliche Rentenzahlung aus einem Immobilienverkauf. Plötzlich kürzte der Käufer die Zahlung und deponierte das Geld stattdessen beim Amtsgericht, um einer drohenden Zwangsvollstreckung zu entgehen. Für die Verkäuferin war das ein Schock. Das Amtsgericht akzeptierte die Hinterlegung und wurde so, aus ihrer Sicht, zum unfreiwilligen Komplizen des Käufers. Sie wehrte sich, doch das Bayerische Oberste Landesgericht wies ihre Beschwerde ab. Nicht weil der Käufer im Recht war, sondern wegen eines formalen Details, das für Gläubiger eine bittere Pille ist.
Weshalb wählte der Käufer den Umweg über das Amtsgericht?
Der Käufer hatte nach dem Erwerb der Immobilie Mängel entdeckt. Seiner Meinung nach war die Deckenhöhe zu niedrig, um von einer richtigen Wohnung sprechen zu können. Er sah sich arglistig getäuscht und rechnete mit Schadensersatzansprüchen. Statt der vereinbarten monatlichen Leibrente von 1.000 Euro wollte er nur noch einen Teil zahlen. Die Verkäuferin bestand auf dem vollen Betrag und drohte mit der Zwangsvollstreckung, zu der sich der Käufer im Notarvertrag verpflichtet hatte (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Um dieser Zwangsvollstreckung zuvorzukommen, versuchte der Käufer einen strategischen Zug. Er beantragte bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts, einen Teil der Rente dort einzahlen zu dürfen. Sein Argument: Es bestehe ein erhebliches Risiko, die volle Rente zu zahlen, wenn ihm ohnehin Gegenansprüche zustünden. Die Hinterlegung sollte ihn absichern. Das Amtsgericht nahm seinen Antrag an – mit dem Vermerk „zur Abwendung der Zwangsvollstreckung“….