Ein Vermieter in München versuchte, den Stellplatzvertrag seines Mieters separat zu beenden und bestritt die rechtliche Einheit von Stellplatz und Wohnraummietvertrag. Das Landgericht musste nun entscheiden, ob eine einzige Endklausel die Vermutung der Selbstständigkeit beider getrennter Verträge widerlegen kann. Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 S 7162/21 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht München I
- Datum: 08.05.2024
- Aktenzeichen: 14 S 7162/21
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Vertragsauslegung
- Das Problem: Der Vermieter kündigte den Mietvertrag für einen Stellplatz auf dem Hof isoliert. Die langjährige Mieterin weigerte sich, den Stellplatz zu räumen, weil dieser zum Wohnungsvertrag gehören müsse.
- Die Rechtsfrage: Bilden ein Wohnraummietvertrag und ein separat abgeschlossener Stellplatzmietvertrag auf demselben Grundstück eine Rechtliche Einheit? Darf der Stellplatz in diesem Fall isoliert gekündigt werden?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht entschied, dass die isolierte Kündigung des Stellplatzvertrags unwirksam war. Ein Vertragspassus, der das automatische Ende des Stellplatzvertrags bei Beendigung des Wohnraumvertrags vorsieht, belegt den Willen zur Einheit.
- Die Bedeutung: Trotz separater Verträge und getrennter Zahlungen können Wohnraum und Stellplatz eine Einheit bilden, wenn dies dem ursprünglichen Parteiwillen entspricht. Vermieter können Mieter dann nicht durch eine isolierte Kündigung des Stellplatzes unter Druck setzen.
Der Fall vor Gericht
Was macht einen unscheinbaren Satz in einem Mietvertrag so mächtig?
Tief im Mietvertrag für einen Hof-Stellplatz stand ein kurzer Satz. Er koppelte das Schicksal des Parkplatzes direkt an das der dazugehörigen Wohnung. Jahre später zückten die neuen Vermieter die Kündigung – aber nur für den Stellplatz. Sie hatten diesen einen Satz entweder übersehen oder für rechtlich unwichtig gehalten. Ein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Dieser Satz wurde zur entscheidenden Waffe einer Mieterin und warf vor dem Landgericht München I eine grundlegende Frage auf: Kann man kündigen, was durch den Willen der Vertragspartner untrennbar zusammengehört?
Warum waren die Vermieter von ihrem Kündigungsrecht überzeugt?
Die Logik der Vermieter schien auf den ersten Blick wasserdicht. Sie sahen zwei völlig getrennte Verträge. Der Mietvertrag für die Wohnung stammte aus dem Jahr 1992. Der Vertrag für den Stellplatz wurde erst 15 Jahre später, im Jahr 2007, geschlossen. Die Mieten flossen von zwei unterschiedlichen Daueraufträgen auf die Konten. Jeder Vertrag hatte eigene Kündigungsregeln. Für die Vermieter war der Fall klar: Zwei Verträge bedeuten zwei unabhängige Mietverhältnisse. Eines davon – das für den Stellplatz – wollten sie beenden. Diese Sichtweise hat eine juristische Grundlage. Gerichte gehen zunächst von einer tatsächlichen Vermutung aus: Werden für eine Wohnung und einen Parkplatz zwei separate Urkunden aufgesetzt, sind sie im Zweifel auch rechtlich selbstständig. Die Vermieter verließen sich auf diese Regel und reichten Klage auf Räumung des Stellplatzes ein. Das Amtsgericht München gab ihnen in der ersten Instanz recht. Es schien, als wäre die Sache entschieden.
Wie durchkreuzte die Mieterin diese Logik?
Die Mieterin legte Berufung ein und ihre Argumentation zielte auf einen einzigen Punkt: die Einheit beider Verträge. Ihre Anwälte zogen den Stellplatzvertrag aus dem Jahr 2007 hervor….