Eine Berliner Vermieterin forderte eine hohe Miete und versuchte, den Qualifizierten Mietspiegel Anfechtung durch die exzellente Mikrolage ihrer Wohnung zu widerlegen. Obwohl die Top-Infrastruktur unbestreitbar war, reichten die Fakten nicht aus, um die starke gesetzliche Vermutung des Mietspiegels zu brechen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 65 S 116/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Berlin
- Datum: 30.09.2025
- Aktenzeichen: 65 S 116/25
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Zivilprozessrecht
- Das Problem: Eine Vermieterin forderte die Zustimmung zur Erhöhung der Nettokaltmiete auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die Mieter weigerten sich zuzustimmen. Die Vermieterin behauptete, der Berliner Mietspiegel 2024 sei fehlerhaft und berücksichtige die gute Lage der Wohnung nicht ausreichend.
- Die Rechtsfrage: Darf das Gericht die ortsübliche Vergleichsmiete allein anhand des qualifizierten Berliner Mietspiegels feststellen? Muss das Gericht ein Sachverständigengutachten einholen, wenn ein Vermieter methodische Fehler des Mietspiegels behauptet?
- Die Antwort: Nein, die Berufung der Vermieterin wurde zurückgewiesen. Die derzeit gezahlte Miete übersteigt bereits die ortsübliche Vergleichsmiete. Der Berliner Mietspiegel 2024 ist ein qualifiziertes Dokument und muss als korrekte Grundlage verwendet werden. Die Vermieterin konnte die vermutete Richtigkeit des Mietspiegels nicht widerlegen.
- Die Bedeutung: Der qualifizierte Berliner Mietspiegel löst eine starke Vermutung der Richtigkeit aus. Gerichte dürfen die Vergleichsmiete aufgrund des Mietspiegels schätzen und müssen in solchen Fällen kein teures Sachverständigengutachten beauftragen. Wer den Mietspiegel angreift, muss methodische Fehler konkret und belastbar beweisen.
Der Fall vor Gericht
Kann ein Vermieter den Berliner Mietspiegel kippen, weil er die „super Lage“ seiner Wohnung ignoriert?
Eine Vermieterin in Berlin-Neukölln wollte die Miete für ihre 99-Quadratmeter-Wohnung um 26,57 Euro anheben. Die Mieter weigerten sich. Der Fall landete vor Gericht und entwickelte sich zu einem Frontalangriff auf das Fundament der Berliner Mieten: den qualifizierten Mietspiegel 2024. Die Vermieterin argumentierte, das offizielle Zahlenwerk ignoriere die exzellente „Mikrolage“ ihrer Wohnung – die kurzen Wege zu U-Bahn, Supermärkten und Schulen. Ihre Klage zwang das Landgericht Berlin zu einer Grundsatzentscheidung: Wann ist ein wissenschaftlich erstellter Mietspiegel unantastbar und wann müssen Richter die Realität vor der Haustür höher bewerten?
Warum war das Schreiben der Hausverwaltung überhaupt ein Problem?
Die Auseinandersetzung begann mit einem Schreiben, das mehrdeutig war. Die Hausverwaltung informierte die Mieter über eine „Mietanpassung zum 01.01.2024“. Das klang nach einer beschlossenen Sache, einer einseitigen Ansage. Ein Mieterhöhungsverlangen muss aber die Zustimmung der Mieter einholen, wie es das Bürgerliche Gesetzbuch in § 558 BGB vorschreibt. Tief im dritten Absatz des Briefes fand sich die entscheidende Formulierung. Dort bat die Verwaltung „namens Ihrer Vermieterin“ um die erforderliche Zustimmung. Obwohl die Überschrift irreführte, wertete das Gericht diesen Satz als gültiges Zustimmungsverlangen. Die Mieter hatten auf das Schreiben reagiert, ohne die Form zu beanstanden. Das Gericht sah den formalen Fehler als geheilt an und wandte sich dem eigentlichen Streitpunkt zu – der Höhe der Miete….