Wird ein Strafprozess zur unerträglichen Belastung, kann die Verhandlungsunfähigkeit der letzte Ausweg sein. Das Gesetz schützt Angeklagte davor, ein Verfahren durchzustehen, das ihre Gesundheit dauerhaft und schwer schädigen würde. Die Hürden der Gerichte sind jedoch hoch: Sie verlangen meist ein detailliertes medizinisches Gutachten. Dieser Artikel erklärt, wann Sie als verhandlungsunfähig gelten und was das für den Prozess bedeutet.
Auf einen Blick
- Worum es geht: Ein Strafprozess kann gestoppt oder verschoben werden, wenn der Angeklagte zu krank ist. Das Gesetz verhindert, dass ein Verfahren die Gesundheit dauerhaft zerstört. Dies wird relevant, wenn Sie dem Prozess im Gerichtssaal nicht mehr folgen oder angemessen kommunizieren können.
- Das größte Risiko: Ein Gericht verschiebt die Verhandlung nur, wenn die Krankheit durch ein unabhängiges medizinisches Gutachten belegt ist. Täuschen Sie eine Krankheit vor, läuft der Prozess weiter. Ein solches Verhalten kann sich später negativ auf die Strafhöhe auswirken.
- Die wichtigste Regel: Der Schutz von Leben und Gesundheit wiegt schwerer als das staatliche Interesse an einer schnellen Strafverfolgung. Um diesen Schutz in Anspruch zu nehmen, müssen Sie Ihre gesundheitlichen Probleme lückenlos und detailliert durch Fachärzte dokumentieren lassen. Ohne professionelle medizinische Beweise wird das Gericht den Prozess fortsetzen.
- Typische Situationen: Relevant wird das Thema bei Krebserkrankungen im Endstadium, weit fortgeschrittener Demenz oder schweren psychischen Störungen, die rationale Entscheidungen blockieren. Entscheidend ist immer, ob eine Person den Prozess intellektuell nicht mehr verfolgen oder dem extremen psychischen Druck nicht standhalten kann.
- Erste Schritte: Beauftragen Sie einen erfahrenen Strafverteidiger und sammeln Sie alle ärztlichen Unterlagen. Unsere Rechtsanwälte für Strafrecht prüfen Ihre Situation und stellen auf dieser Basis den formellen Antrag auf Prüfung der Verhandlungsunfähigkeit.
- Häufiger Irrtum: Viele verwechseln Verhandlungsunfähigkeit mit der Schuldfrage. Ob Sie zur Tatzeit schuldunfähig waren, ist eine andere Frage als die, ob Sie heute gesund genug sind, um vor Gericht zu stehen.
Wann platzt ein Prozess wegen Krankheit?
Ein Strafverfahren ist eine extreme Belastung, besonders für einen schwerkranken Angeklagten. Das deutsche Recht setzt hier eine klare Grenze: Niemand muss an einem Prozess teilnehmen, den er gesundheitlich nicht durchstehen kann. An diesem Punkt greift der Begriff der Verhandlungsunfähigkeit. Hier werden oft zwei wichtige Begriffe verwechselt: Verhandlungsunfähigkeit hat nichts mit der Schuldfrage zu tun. Ob jemand zur Tatzeit wegen einer psychischen Störung schuldunfähig war (§ 20 StGB), ist eine separate Frage. Sie entscheidet darüber, ob die Person für ihre Tat bestraft werden kann. Die Verhandlungsunfähigkeit ist dagegen ein reines Hindernis für den Prozessablauf. Sie beschreibt nur den aktuellen Zustand: Ist der Angeklagte heute gesund genug, um am Prozess teilzunehmen und seine Verteidigungsrechte wirksam zu nutzen?
Was ist der Unterschied zwischen Verhandlungsunfähigkeit und Schuldunfähigkeit?
Was genau bedeutet „verhandlungsfähig“ vor Gericht?
Ein faires Verfahren verlangt, dass der Angeklagte dem Prozess nicht nur passiv beiwohnt. Er muss fähig sein, aktiv an seiner Verteidigung mitzuwirken….