Eine Lasermessung der Geschwindigkeit auf 344 Meter führte in Dortmund zu einem Bußgeldverfahren wegen Überschreitung. Die fehlende Zuordnungssicherheit aufgrund der extremen Distanz stellte das gesamte Messergebnis vor Gericht infrage. Zum vorliegenden Urteil Az.: 729 OWi 161/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Dortmund
- Datum: 09.05.2025
- Aktenzeichen: 729 OWi 161/24
- Verfahren: Ordnungswidrigkeitenverfahren
- Rechtsbereiche: Straßenverkehrsrecht, Bußgeldrecht
- Das Problem: Ein Autofahrer soll die zulässige Höchstgeschwindigkeit stark überschritten haben. Er bestritt den Vorwurf. Die Messung erfolgte aus großer Entfernung bei lebhaftem Verkehr.
- Die Rechtsfrage: Kann der Messwert dem konkreten Fahrzeug noch sicher zugeordnet werden? Dies gilt, wenn die Messdistanz über der Herstellergrenze lag und gleichzeitig dichter Verkehr herrschte.
- Die Antwort: Nein, der Betroffene wurde freigesprochen. Die Messentfernung (344 Meter) überschritt die sichere Grenze des Geräts (300 Meter). Da die vorgeschriebenen Zusatzprüfungen fehlten, war der Beweis der Zuordnung unsicher.
- Die Bedeutung: Laser-Geschwindigkeitsmessungen sind nicht verwertbar, wenn die sichere Zuordnung des Messwerts fehlt. Insbesondere wenn die Distanz über 300 Meter liegt, sind strenge Dokumentationen erforderlich.
Der Fall vor Gericht
Wann ist eine Lasermessung zu ungenau, um als Beweis zu gelten?
Ein Laserstrahl ist schnell und dünn. Ein perfektes Werkzeug, um Raser zu überführen. An einem Abend in Dortmund zielte ein Polizist mit so einem Laser auf einen herannahenden BMW. Das Gerät zeigte 172 km/h. Erlaubt waren an dieser Stelle nur 80 km/h. Der Fall schien klar, das Messprotokoll sauber, das Bußgeldverfahren eine reine Formsache. Doch auf eine Entfernung von 344 Metern ist selbst ein Laserstrahl nicht mehr nur ein Punkt. Er wird zu einem Lichtkegel – und genau diese simple Physik rettete den Fahrer am Ende vor einem Bußgeld und dem Fahrverbot. Der Fahrer des Wagens bestritt die Messung nicht grundsätzlich. Er räumte ein, an jenem Abend auf der Strecke unterwegs gewesen zu sein. Er sei in Eile gewesen, ein Beifahrer habe gesundheitliche Probleme gehabt. Eine „leichte“ Geschwindigkeitsüberschreitung wollte er nicht ausschließen. Die gemessenen 172 km/h aber seien absurd. Die Verteidigung argumentierte: Auf diese enorme Distanz bei gleichzeitig „lebhaftem Verkehrsaufkommen“, wie es im Polizeiprotokoll stand, könne man den Messwert nicht mehr sicher einem einzigen Auto zuordnen.
Welches Detail in der Bedienungsanleitung kippte den Fall?
Das Amtsgericht Dortmund folgte nicht dem ersten Anschein. Die Richter zweifelten nicht an der grundsätzlichen Funktion des geeichten Messgeräts vom Typ Riegl LR 90-235/P. Der entscheidende Punkt war ein anderer: Gehörte die gemessene Geschwindigkeit wirklich zweifelsfrei zu diesem einen BMW? Um diese Frage zu klären, griff das Gericht zu einem Dokument, das in solchen Verfahren oft eine zentrale Rolle spielt – der Bedienungsanleitung des Herstellers. Darin fand sich eine klare Ansage. Der schmale Laserstrahl gewährleistet eine sichere Zuordnung des Ziels nur bis zu einer Entfernung von etwa 300 Metern. Misst man über diese Distanz hinaus, weitet sich der Strahl so weit auf, dass die Erfassung eines Ziels außerhalb der Fahrzeugbreite – etwa ein anderes Auto auf der Nebenspur – nicht mehr ausgeschlossen ist….