Eine Lehrkraft nahm am 25. November 2022 die Arbeit auf, doch die Schriftform der Befristung nach Arbeitsaufnahme konnte nicht rechtzeitig bewiesen werden. Dieses kleine Versäumnis auf dem Weg zur Unterschrift führte dazu, dass auch alle nachfolgenden sachgrundlosen Anschlussbefristungen ungültig wurden. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Ca 716/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Arbeitsgericht Detmold
- Datum: 12.03.2025
- Aktenzeichen: 2 Ca 716/24
- Verfahren: Feststellung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses (Entfristungsklage)
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Befristungsrecht
- Das Problem: Eine Lehrkraft arbeitete aufgrund mehrerer Verlängerungen befristet für das beklagte Land. Sie klagte gegen die letzte Befristung, da sie ein unbefristetes Arbeitsverhältnis beanspruchte.
- Die Rechtsfrage: Durfte der Arbeitgeber den Vertrag sachgrundlos befristen, obwohl die schriftliche Vertragsunterzeichnung erst erfolgte, nachdem die Arbeitsaufnahme bereits stattgefunden hatte?
- Die Antwort: Ja, die Befristung ist unwirksam. Die verspätete Unterzeichnung führte zu einem Formfehler, wodurch bereits am Tag der Arbeitsaufnahme ein unbefristetes Arbeitsverhältnis entstand. Dieses darf nachträglich nicht mehr sachgrundlos befristet werden.
- Die Bedeutung: Arbeitgeber müssen die schriftliche Befristungsvereinbarung zwingend vor dem ersten Arbeitstag unterzeichnen lassen. Geschieht dies nicht, gilt der Vertrag automatisch als unbefristet.
Der Fall vor Gericht
Warum entschied ein einziger Tag über die Zukunft einer Lehrerin?
Eine Lehrerin in Nordrhein-Westfalen unterschrieb einen befristeten Arbeitsvertrag mit dem Land. Ein routinierter Verwaltungsakt, so schien es. Doch der genaue Moment ihrer Unterschrift – ob er Minuten vor oder Minuten nach ihrem ersten Arbeitseinsatz stattfand – sollte ihre gesamte berufliche Zukunft entscheiden. Vor dem Arbeitsgericht Detmold ging es nicht um Jahre des Dienstes oder komplexe Theorien, sondern um eine schlichte, aber folgenschwere Frage des Zeitpunkts. Eine Frage, die das Land am Ende eine unbefristete Stelle kostete. Die Lehrerin war zunächst bei einer Stadt angestellt, um im Rahmen des Corona-Aufholprogramms zu unterrichten. Später wechselte sie den Arbeitgeber und sollte direkt für das Land Nordrhein-Westfalen tätig werden. Man händigte ihr am 25. November 2022 einen neuen, befristeten Vertrag aus. Sie unterschrieb ihn. An genau diesem Tag nahm sie auch ihre Arbeit auf. Später folgten zwei weitere Änderungsverträge, die das Arbeitsverhältnis jeweils verlängerten. Als die letzte Befristung im November 2024 auslaufen sollte, zog die Lehrerin vor Gericht. Ihr Argument: Ihr Arbeitsverhältnis sei längst unbefristet.
Wieso ist der Zeitpunkt der Unterschrift bei einer Befristung so entscheidend?
Das deutsche Arbeitsrecht schützt Arbeitnehmer vor einer endlosen Kette von Befristungen. Ein unbefristeter Vertrag ist die Regel, die Befristung die Ausnahme. Für diese Ausnahme stellt das Gesetz strenge formale Anforderungen. Eine der wichtigsten Hürden ist die Schriftform. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) legt in § 14 Absatz 4 unmissverständlich fest, dass die Befristung eines Arbeitsvertrags schriftlich erfolgen muss. Das bedeutet: Beide Seiten müssen ein Dokument eigenhändig unterschreiben. Der entscheidende Punkt, den das Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung zementiert hat, ist der Zeitpunkt….