Eine Firma verkaufte ihrem Geschäftsführer ein Grundstück für lediglich 5,21 Euro pro Quadratmeter und löste damit das gemeindliche Vorkaufsrecht aus. Die Käufer hoben den Kaufvertrag nachträglich auf und hofften, so die Wirksamkeit des Vorkaufsrechts der Gemeinde zu beseitigen. Zum vorliegenden Urteil Az.: AN 17 K 23.797 und AN 17 K 23.886 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Verwaltungsgericht Ansbach
- Datum: 17.02.2025
- Aktenzeichen: AN 17 K 23.797 und AN 17 K 23.886
- Verfahren: Klage gegen Vorkaufsrechtsbescheide
- Rechtsbereiche: Städtebaurecht, Baurecht, Zivilrecht
- Das Problem: Eine GmbH verkaufte Teile ihres Grundstücks im Sanierungsgebiet zu einem extrem niedrigen Preis an ihren eigenen Geschäftsführer. Die Stadt übte ihr Vorkaufsrecht aus, um das Grundstück für öffentliche Zwecke (Festplatz/Messe) zu sichern. Die GmbH klagte gegen diese Entscheidung.
- Die Rechtsfrage: Durfte die Stadt das gesetzliche Vorkaufsrecht wirksam ausüben, obwohl der Kaufpreis extrem niedrig war und der Käufer gleichzeitig der Geschäftsführer des Verkäufers war? Machte die nachträgliche Aufhebung des Kaufvertrags das Vorkaufsrecht der Stadt unwirksam?
- Die Antwort: Ja, die Klagen wurden abgewiesen. Die Stadt durfte das Vorkaufsrecht ausüben, da das Grundstück für öffentliche Planungszwecke vorgesehen ist. Die niedrigen Preise machten die Verträge nicht ungültig, da sich die faktisch einzige handelnde Person nicht selbst ausnutzen konnte.
- Die Bedeutung: Ein einmal rechtmäßig entstandenes Vorkaufsrecht einer Gemeinde bleibt auch dann gültig, wenn die ursprünglichen Vertragsparteien den Kaufvertrag später rückgängig machen. Transaktionen zu Niedrigpreisen zwischen eng verbundenen Personen sind nicht automatisch unwirksam.
Der Fall vor Gericht
Warum wurde ein aufgehobener Vertrag zum Bumerang?
Ein Grundstücksdeal war besiegelt. Eine Firma verkaufte strategisch an ihren eigenen Chef, um den Weg für ein neues Projekt zu ebnen. Dann kam der Brief von der Stadt: „Wir kaufen das Grundstück. Zu genau euren Bedingungen.“ Panik. Schnell wurde der ursprüngliche Kaufvertrag mit notarieller Urkunde wieder aufgehoben – ein Versuch, die Uhr zurückzudrehen. Doch vor dem Verwaltungsgericht Ansbach stand eine entscheidende Frage: Kann man eine Tür, die man einmal geöffnet hat, einfach wieder zuschlagen, wenn der falsche Gast eintritt? Die Antwort des Gerichts war ein klares Nein. Ein einmal entstandenes Vorkaufsrecht der Gemeinde kann durch eine nachträgliche Aufhebung des Kaufvertrags nicht mehr beseitigt werden. Der einmalige Abschluss des wirksamen Kaufvertrags hatte den Mechanismus in Gang gesetzt – unumkehrbar.
Wieso griff die Stadt überhaupt in den Verkauf ein?
Das Grundstück lag in einem Gebiet, für das die Stadt klare Pläne hatte. Ein Bebauungsplan sah hier ein „Sondergebiet Festplatz/Messe“ vor. Das Baugesetzbuch gibt Gemeinden in solchen Fällen ein mächtiges Werkzeug an die Hand: das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Dieses Recht erlaubt es einer Kommune, in einen bestehenden Kaufvertrag einzutreten und das Grundstück selbst zu den exakt gleichen Konditionen zu erwerben, die der ursprüngliche Käufer ausgehandelt hatte. Die Stadt argumentierte, sie wolle die Fläche zur Erweiterung des Festgeländes nutzen und damit einen öffentlichen Zweck verwirklichen. Die Pläne der GmbH – der Bau eines Service-Centers mit Arztpraxen – standen diesen Zielen diametral entgegen….