Ein Grundstückseigentümer wollte eine Grunddienstbarkeit löschen wegen Wegfalls des Vorteils, da die geschützte Brauerei nur noch Reste ihres ursprünglichen Betriebs führte. Trotz dieser massiven Reduktion blieb das fast 100 Jahre alte Verkaufsverbot im Grundbuch überraschend fest verankert. Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 U 2360/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Nürnberg
- Datum: Hinweis des Senats datiert 2025 (Entscheidung beabsichtigt)
- Aktenzeichen: 3 U 2360/24
- Verfahren: Beschluss im Berufungsverfahren (Zurückweisung beabsichtigt)
- Rechtsbereiche: Sachenrecht, Immobilienrecht, Wettbewerbsschutz
- Das Problem: Kläger wollten eine alte Verbotsdienstbarkeit im Grundbuch löschen lassen. Diese Dienstbarkeit untersagt ihnen die gewerbliche Herstellung und den Verkauf von Bier auf ihren Grundstücken. Die beklagte Brauerei-Eigentümerin des Nachbargrundstücks wehrte sich dagegen.
- Die Rechtsfrage: Ist das alte Brauerei-Verbot im Grundbuch noch gültig, obwohl die Brauereifläche stark reduziert und der Betrieb zeitweise unterbrochen war?
- Die Antwort: Nein, das Gericht beabsichtigt, die Klage auf Löschung zurückzuweisen. Der notwendige Vorteil für das Brauerei-Grundstück ist nicht endgültig weggefallen. Dort findet weiterhin eine ernsthafte, gewerbliche Produktion statt.
- Die Bedeutung: Die Eigentümer der belasteten Grundstücke müssen das Verkaufs- und Herstellungsverbot weiter beachten. Eine dingliche Last bleibt auch bei stark reduzierter Fläche bestehen, solange der Kernbetrieb erhalten bleibt.
Der Fall vor Gericht
Kann ein Verkaufsverbot für Bier im Grundbuch ewig bestehen bleiben?
Eine Brauerei, einst ein industrieller Riese auf einem weitläufigen Areal, ist über die Jahrzehnte geschrumpft. Wo früher riesige Anlagen standen, ragen heute Wohnhäuser in den Himmel. Übrig geblieben ist nur noch ein Kernstück: ein denkmalgeschütztes Sudhaus auf einem kleinen Restgrundstück. Doch die rechtliche Macht dieses einstigen Giganten reicht weit über seine neuen, bescheidenen Grenzen hinaus. In den Grundbüchern der Nachbargrundstücke, darunter eine Gaststätte, lastet eine Fessel aus dem Jahr 1980: ein umfassendes Verbot, Bier oder andere Brauereierzeugnisse herzustellen, zu lagern oder zu verkaufen. Die Eigentümer der belasteten Grundstücke sahen darin ein Relikt aus einer anderen Zeit. Sie klagten auf Löschung dieses Verbots. Sie waren überzeugt: Wenn der Riese zum Zwerg wird, muss auch sein Schatten schwinden.
Weshalb hielten die Eigentümer das Verbot für erloschen?
Der Dreh- und Angelpunkt ihrer Argumentation war das sogenannte Vorteilserfordernis aus § 1019 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Eine solche Belastung im Grundbuch, eine „Grunddienstbarkeit“, ist nur gültig, solange sie dem herrschenden Grundstück – hier dem Brauereigelände – einen echten, objektiven Vorteil bietet. Die Kläger sahen diesen Vorteil nicht mehr. Ihre Begründung stützte sich auf mehrere Pfeiler. Erstens, der Realitätscheck. Die Brauerei sei nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Produktion sei auf ein Minimum reduziert, der Betrieb habe eher den Charakter einer „Schaubrauerei“ für Touristen. Eine derart geringe Produktionsmenge könne unmöglich einen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Verkaufsverbot auf den Nachbargrundstücken ziehen. Der Zweck der Dienstbarkeit – der Schutz vor Konkurrenz – laufe ins Leere, wenn es kaum noch etwas zu schützen gebe. Der Vorteil sei damit endgültig weggefallen….