Drei Mitarbeiter stritten über ihre neue Eingruppierung; der Anwalt kalkulierte die Streitwertbemessung auf 23.000 Euro. Das LAG Nürnberg lehnte diese Berechnung der Lohndifferenz ab und setzte stattdessen auf das kollektivrechtliche Interesse. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Ta 26/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landesarbeitsgericht Nürnberg
- Datum: 03.06.2025
- Aktenzeichen: 2 Ta 26/25
- Verfahren: Streitwertbeschwerde
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Gebührenrecht, Streitwertbemessung
- Das Problem: Ein Arbeitgebervertreter hielt den vom Arbeitsgericht festgesetzten Verfahrenswert von 7.500,00 € für die Eingruppierung von drei Beschäftigten für viel zu niedrig. Er forderte stattdessen eine Berechnung basierend auf den tatsächlichen Gehaltsunterschieden, um höhere Anwaltsgebühren abrechnen zu können.
- Die Rechtsfrage: Zählt bei einem Verfahren, das die Zustimmung des Betriebsrats zur Lohngruppe erzwingen soll, der tatsächliche finanzielle Unterschied der Gehälter oder ein fester, niedrigerer Pauschalbetrag?
- Die Antwort: Die Beschwerde wurde zurückgewiesen. Das Gericht bestätigte den niedrigeren Pauschalwert. Das kollektivrechtliche Interesse der Betriebsparteien steht in solchen Verfahren im Vordergrund, nicht der individuelle finanzielle Vorteil der Arbeitnehmer.
- Die Bedeutung: Das Gericht hält daran fest, Zustimmungsverfahren zur Eingruppierung als nichtvermögensrechtliche Streitigkeit zu behandeln. Dies führt zur Anwendung eines festen Hilfswertes und damit zu niedrigeren Gerichts- und Anwaltsgebühren.
Der Fall vor Gericht
Wie bemisst man den wahren Wert eines Rechtsstreits?
Man kann einen Rechtsstreit auf zwei Arten bewerten. Die eine blickt auf den konkreten Geldbetrag, um den es geht. Die andere sieht das große Ganze, das Prinzip hinter dem Konflikt. Im Fall von drei Angestellten und ihrer strittigen Eingruppierung legte der Anwalt des Betriebsrats den Taschenrechner an: Die Gehaltsdifferenz, hochgerechnet auf drei Jahre, ergab einen Streitwert von über 23.000 Euro. Das Arbeitsgericht hingegen griff zu einem Pauschalwert – und kam auf nur 7.500 Euro. Diese Kluft führte zu einem neuen Verfahren, in dem es nur noch um diese eine Frage ging.
Warum argumentierte der Anwalt für einen so viel höheren Wert?
Der Anwalt vertrat eine simple und auf den ersten Blick einleuchtende Logik. Es ging um die korrekte Eingruppierung von drei Arbeitnehmerinnen. Die strittigen Lohngruppen lagen bei einem Monatsgehalt von 1.758 Euro und 2.051 Euro. Für den Anwalt war der Fall klar eine Vermögensrechtliche Angelegenheit. Der finanzielle Kern des Streits war greifbar. Seine Rechnung folgte einer etablierten Methode, die sich an einer Vorschrift aus dem Gerichtskostengesetz orientiert (§ 42 Abs. 2 Satz 2 GKG). Man nehme die monatliche Gehaltsdifferenz und multipliziere sie mit 36 – das entspricht dem Gehaltsunterschied über drei Jahre. Pro Mitarbeiterin ergab das einen Wert von 10.548 Euro. Davon zog er pauschal 25 Prozent ab und landete bei 7.911 Euro pro Fall. Für alle drei Frauen zusammen summierte sich sein geforderter Gegenstandswert auf 23.733 Euro. Jeder andere Ansatz, so sein Argument, sei willkürlich. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Streit über die Eingruppierung direkt bei der Einstellung oder erst später entstehe.
Weshalb sah das Gericht die Sache völlig anders?
Das Arbeitsgericht und später das Landesarbeitsgericht Nürnberg widersprachen dieser rein mathematischen Sichtweise….