Ein Passagier forderte nach der Annullierung seines Flugs 600 Euro Entschädigung plus 1.200 Euro für nutzlos gebuchte Hotelkosten am Zielort. Das Landgericht Landshut musste klären, ob die Fluggastrechte-Entschädigung als Betreuungsleistung auf den materiellen Schaden angerechnet werden darf. Zum vorliegenden Urteil Az.: 15 S 437/25 e | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Landshut
- Datum: 01.10.2025
- Aktenzeichen: 15 S 437/25 e
- Verfahren: Berufungsverfahren (Hinweisbeschluss)
- Rechtsbereiche: Fluggastrechte, Vertragsrecht, Europarecht
- Das Problem: Passagiere forderten nach einer Flugannullierung neben der gesetzlichen Pauschalentschädigung auch die Erstattung von Hotelkosten. Diese Kosten entstanden wegen einer vorgezogenen bzw. einer verspäteten Ersatzbeförderung. Die Fluggesellschaft wollte die bereits gezahlte Pauschalentschädigung auf diese Hotelkosten anrechnen.
- Die Rechtsfrage: Darf die Fluggesellschaft die gesetzliche Pauschalentschädigung mit weiteren Schadensersatzansprüchen (wie Hotelkosten) verrechnen, oder gelten die Hotelkosten als nicht anrechenbare Betreuungsleistung?
- Die Antwort: Ja, die Verrechnung ist zulässig. Das Gericht beabsichtigt, die Klage auf Erstattung der Hotelkosten abzuweisen, weil diese Kosten keine speziellen, nicht anrechenbaren Betreuungsleistungen sind. Die bereits gezahlte pauschale Entschädigung muss auf solche materiellen Schäden angerechnet werden.
- Die Bedeutung: Die gesetzliche Pauschalentschädigung dient der pauschalierten Abgeltung aller Folgen einer Flugannullierung. Sie wird auf zusätzliche materielle Schäden, die nach nationalem Recht geltend gemacht werden, angerechnet, um eine doppelte Entschädigung zu vermeiden.
Der Fall vor Gericht
Werden Hotelkosten nach einer Flugannullierung zusätzlich zur Pauschalentschädigung erstattet?
Ein annullierter Flug von München nach Dubai stellte eine Mutter und ihren Sohn vor ein ungewöhnliches Problem. Wegen eines wichtigen Termins musste der Sohn so schnell wie möglich ans Ziel – die Airline buchte ihn auf einen Flug um, der sogar einen Tag früher abhob. Die Mutter erwischte es schlimmer. Ihr erster Ersatzflug wurde ebenfalls gestrichen. Sie landete erst einen Tag später als geplant in Dubai. Beide hatten durch die Planänderung zusätzliche Hotelkosten: der Sohn für eine frühere Ankunft, die Mutter für eine Nacht, die sie wegen der verspäteten Anreise nicht nutzen konnte. Die Fluggesellschaft zahlte beiden die gesetzliche Pauschalentschädigung von 600 Euro. Die Hotelkosten von jeweils 337,50 Euro wollte sie aber nicht übernehmen. Der Fall landete vor dem Landgericht Landshut und warf eine präzise Frage auf: Schluckt die pauschale Entschädigung solche zusätzlichen Kosten oder müssen sie extra erstattet werden?
Warum argumentierte die Airline, die 600 Euro Pauschale würden ausreichen?
Die Fluggesellschaft stützte sich auf einen zentralen Mechanismus der EU-Fluggastrechte-Verordnung (VO (EG) Nr. 261/2004). Diese sieht bei Annullierungen oder großen Verspätungen eine pauschale Ausgleichszahlung für die Passagiere vor, deren Höhe sich nach der Flugdistanz richtet. In diesem Fall waren es 600 Euro pro Person. Gleichzeitig regelt Artikel 12 der Verordnung, dass diese pauschale Zahlung auf einen „weitergehenden Schadensersatzanspruch“ angerechnet werden kann. Im Klartext: Die Pauschale ist kein reines Schmerzensgeld für den Ärger….