Eine Pachtgesellschaft forderte die Eintragung eines Grundstücksrechts für noch zu benennenden Dritten im Grundbuch, um die Finanzierung eines Millionenprojekts zu sichern. Obwohl der endgültige Empfänger des dinglichen Rechts nicht namentlich feststand, war die Sicherung rechtlich dennoch möglich. Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 Wx 27/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt
- Datum: 29.05.2024
- Aktenzeichen: 12 Wx 27/24
- Verfahren: Beschwerdeverfahren gegen Zwischenverfügung
- Rechtsbereiche: Grundbuchrecht, Sachenrecht
- Das Problem: Eine Begünstigte wollte eine Vormerkung für ein Grundstücksrecht eintragen lassen. Dieses Recht sollte einer finanzierenden Bank oder einem noch zu benennenden Dritten zustehen. Das Grundbuchamt forderte, dass die Bank und der Dritte sofort namentlich genannt werden müssen.
- Die Rechtsfrage: Muss der spätere Empfänger eines gesicherten Grundstücksrechts bereits im Zeitpunkt der Vormerkung namentlich feststehen? Oder ist die Vormerkung auch für einen noch zu benennenden Dritten zulässig?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht hob die Anordnung des Grundbuchamtes auf. Die Vormerkung schützt den Anspruch desjenigen, der die Leistung fordern kann, selbst wenn der Endbegünstigte noch nicht bekannt ist.
- Die Bedeutung: Die Entscheidung erleichtert die Absicherung von Finanzierungen, bei denen der finale Leistungsempfänger erst später feststeht. Eine Vormerkung ist sofort eintragungsfähig, solange der Anspruchsinhaber selbst bestimmt ist.
Der Fall vor Gericht
Darf man im Grundbuch einen Platz für einen Unbekannten reservieren?
Eine Firma, die einen Solarpark plant, will sich im Grundbuch einen Platz sichern. Nicht für sich selbst, sondern für ihre zukünftige Finanzierungsbank – deren Namen sie aber noch nicht kennt. Es ist wie eine Tischreservierung im Restaurant für einen „wichtigen Gast“, der erst später dazustoßen wird. Das zuständige Grundbuchamt in Bitterfeld-Wolfen blockte ab: „Reservierungen nur mit Namen, bitte.“ Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt musste klären, ob das juristische „Reservierungssystem“ des Grundbuchs so starr ist oder ob ein Platzhalter für einen Unbekannten ausreicht.
Worum genau ging der Streit vor dem Grundbuchamt?
Eine Pachtgesellschaft wollte auf einem Grundstück eine große Photovoltaikanlage errichten. Dafür brauchte sie ein im Grundbuch verankertes Nutzungsrecht, eine sogenannte Beschränkte persönliche Dienstbarkeit nach § 1090 Abs. 1 BGB. Dieses Recht sichert dem Inhaber zu, das Grundstück auf eine bestimmte Weise zu nutzen. Die Eintragung dieses Rechts selbst war nicht das Problem. Der Knackpunkt lag einen Schritt davor. Für die Finanzierung solcher Großprojekte verlangen Banken Sicherheiten. Eine übliche Sicherheit ist, dass die Bank selbst als Berechtigte der Dienstbarkeit im Grundbuch steht. Das Problem: Zum Zeitpunkt der Planung und Antragstellung stand die finanzierende Bank oft noch nicht fest. Die Pachtgesellschaft wollte vorsorgen. Sie beantragte beim Grundbuchamt die Eintragung einer Vormerkung. Diese Vormerkung (§ 883 Abs. 1 S. 1 BGB) sollte ihren eigenen Anspruch gegenüber dem Grundstückseigentümer absichern – den Anspruch, dass der Eigentümer die Dienstbarkeit später auf Verlangen an die Bank oder einen von der Bank benannten Dritten abtritt. Das Grundbuchamt lehnte ab….