Ein Anlagenmechaniker mit Meistertitel beantragte Rente wegen Berufsunfähigkeit, da er aufgrund von Bandscheibenschäden nicht mehr arbeiten konnte. Die Rentenversicherung lehnte ab: Für seine Verweisungstätigkeit zählte nur die zuletzt ausgeübte Beschäftigung, nicht die höhere Meisterqualifikation. Zum vorliegenden Urteil Az.: L 3 R 195/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
- Datum: 14.03.2024
- Aktenzeichen: L 3 R 195/22
- Verfahren: Berufung
- Rechtsbereiche: Sozialrecht, Rentenversicherung
- Das Problem: Ein Kläger wollte eine Rente wegen teilweiser Berufsunfähigkeit. Er war zuletzt als Anlagenmechaniker tätig, sah sich aber durch seine Erkrankungen stark eingeschränkt.
- Die Rechtsfrage: War der Kläger so stark erkrankt, dass ihm keine andere, zumutbare Tätigkeit mehr zugewiesen werden durfte?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht sah den Kläger nicht als berufsunfähig an. Er kann noch leichte Tätigkeiten, wie die eines Gerätezusammensetzers, sechs Stunden täglich ausüben.
- Die Bedeutung: Die Entscheidung bestätigt, dass bei der Berufsunfähigkeit der zuletzt dauerhaft ausgeübte Job zählt. Eine frühere, höhere Qualifikation (Meister) schützt nicht vor der Verweisung auf einfachere Tätigkeiten.
Der Fall vor Gericht
Schützt der Meistertitel vor Verweisung auf einfache Arbeit?
Ein Meisterbrief ist mehr als ein Stück Papier. Er ist das Versprechen von Anerkennung, Verantwortung und einem gewissen Status. Ein Anlagenmechaniker aus Sachsen-Anhalt hielt genau diesen Trumpf in den Händen, als sein Körper nach Jahren auf der Baustelle nicht mehr mitspielte. Er beantragte eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit – sicher in dem Glauben, sein Meistertitel schütze ihn davor, auf einfache Tätigkeiten verwiesen zu werden. Doch die Deutsche Rentenversicherung sah einen entscheidenden Haken in seiner beruflichen Laufbahn. Dieser Haken sollte seinen Schutz aushebeln. Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt musste klären, ob der Mann trotzdem Anspruch auf die Rente hatte. Die Entscheidung hing an einer zentralen Frage: Welcher Beruf zählt für die Rente? Der höchste erlernte oder der letzte ausgeübte? Die Antwort des Gerichts war für den Kläger ernüchternd. Für die Beurteilung einer Berufsunfähigkeit nach § 240 des Sechsten Sozialgesetzbuches (SGB VI) zählt ausschließlich die letzte auf Dauer ausgeübte, versicherungspflichtige Tätigkeit. Der Mann hatte zwar vor langer Zeit einen Meister im Maschinenbau gemacht und auch als Meister gearbeitet. Seit 1990 war er aber durchgehend als Anlagenmechaniker angestellt – ein Facharbeiterberuf. Der Wechsel von der Meister- zur Facharbeiterposition war nicht aus gesundheitlichen Gründen erfolgt. Das war der Knackpunkt. Das Gericht stellte fest: Der Kläger hatte sich freiwillig von seiner höher qualifizierten Tätigkeit gelöst. Sein beruflicher Schutzstatus richtete sich damit nach dem, was er fast drei Jahrzehnte lang getan hatte: die Arbeit eines Anlagenmechanikers. Seine Meisterqualifikation spielte für die Rentenversicherung keine Rolle mehr. Sie war ein Kapitel seiner Vergangenheit, nicht seiner rentenrechtlichen Gegenwart.
Warum lehnte die Rentenversicherung den Anspruch überhaupt ab?
Die gesundheitlichen Probleme des Mannes waren unstrittig. Eine operierte Lendenwirbelsäule, Arthrose im Knie, Herzprobleme und starkes Übergewicht machten ihm zu schaffen….