Ein Hauseigentümer verlor sein Grundstück durch Identitätsdiebstahl und forderte die sofortige Grundbuch-Berichtigung nach Identitätsdiebstahl beim Amt. Obwohl das rechtskräftige Strafurteil den Betrug bewies, weigerte sich das Grundbuchamt, den falschen Eintrag auf dieser Grundlage zu löschen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 Wx 54/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Sachsen‑Anhalt
- Datum: 28.02.2023
- Aktenzeichen: 12 Wx 54/22
- Verfahren: Grundbuchbeschwerde
- Rechtsbereiche: Grundbuchrecht, Beweisrecht
- Das Problem: Ein Mann forderte die Berichtigung des Grundbuchs, weil sein Grundstück durch Identitätsdiebstahl auf einen falschen Namen eingetragen wurde. Er legte als Beweis Verweise auf eine Strafakte und eine E-Mail der Staatsanwaltschaft vor.
- Die Rechtsfrage: Ist der angebliche Identitätsdiebstahl ausreichend bewiesen, um eine Berichtigung des Grundbuchs ohne Zustimmung des aktuell Eingetragenen durchzusetzen?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht wies die Beschwerde zurück. Der Nachweis der Unrichtigkeit des Grundbuchs erfordert zwingend öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden.
- Die Bedeutung: Das Vertrauen in das Grundbuch ist sehr hoch. Selbst bei einem behaupteten Identitätsdiebstahl muss die Unrichtigkeit durch streng formelle, amtliche Dokumente bewiesen werden; Strafurteile allein genügen dafür nicht. Betroffene, denen der formelle Beweis fehlt, müssen den Zivilrechtsweg über eine Klage beschreiten.
Der Fall vor Gericht
Warum ließ sich der falsche Eigentümer nicht einfach löschen?
Das deutsche Grundbuch ist eine Festung. Was hier eingetragen ist, genießt beinahe unerschütterliches Vertrauen. Doch was passiert, wenn ein Dieb mit einem gefälschten Schlüssel eindringt und einen falschen Namen ins goldene Buch der Eigentümer schreibt? Ein Mann erlebte genau das: Ein Betrüger nutzte seine Identität, um ein Grundstück zu kaufen. Der Mann wollte den Fehler korrigieren lassen und präsentierte den Beweis – ein Gerichtsurteil, das den Betrug schwarz auf weiß festhielt. Doch die Hüter der Festung, das Grundbuchamt, verweigerten ihm den Zutritt. Ihre Begründung führt tief in die Logik eines Systems, das Sicherheit über alles stellt – selbst über eine offensichtliche Wahrheit. Die Löschung eines Eintrags ist im Grundbuchrecht an strenge Regeln gebunden. Normalerweise muss die Person, deren Recht betroffen ist, der Änderung zustimmen. Das nennt man Bewilligung (§ 19 GBO). Hier hätte also der fälschlich als Eigentümer Eingetragene – der Betrüger – der Löschung zustimmen müssen. Darauf wollte sich das Opfer des Identitätsdiebstahls verständlicherweise nicht verlassen. Für solche Fälle gibt es eine Alternative: die Berichtigung ohne Zustimmung. Sie ist möglich, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen wird (§ 22 GBO). Der entscheidende Punkt ist das Wort „nachgewiesen“. Das Grundbuchverfahren ist kein Ort für aufwendige Beweisaufnahmen oder die Klärung strittiger Sachverhalte. Der Nachweis muss so erdrückend sein, dass praktisch keine Zweifel an der Unrichtigkeit mehr bestehen. Um das zu gewährleisten, verlangt das Gesetz eine ganz bestimmte Form für den Beweis: eine Öffentliche Urkunde (§ 29 GBO). Das sind Dokumente, die von einer Behörde oder einem Notar in einer vorgeschriebenen Form erstellt werden – zum Beispiel ein notarieller Kaufvertrag oder ein Erbschein. Das vom Mann vorgelegte Strafurteil und die E-Mail eines Staatsanwalts waren genau das nicht….