Ein Händler verstieß gegen das Elektrogesetz und erhielt eine Geldbuße, doch die Berechnung ignorierte die Pflicht zur Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils bei Bußgeldern. Das Oberlandesgericht forderte die Neuverhandlung, weil die Richter den tatsächlichen Gewinn aus der Ordnungswidrigkeit völlig unberücksichtigt ließen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 1 ORbs 35/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Sachsen‑Anhalt
- Datum: 05.03.2024
- Aktenzeichen: 1 ORbs 35/24
- Verfahren: Rechtsbeschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Bußgeldrecht, Umweltrecht, Elektro- und Batterierecht
- Das Problem: Ein Unternehmen erhielt eine Geldbuße von 800 Euro, weil es fahrlässig ein nicht registriertes Elektrogerät angeboten hatte, das Batterien enthielt. Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch das Unternehmen legten Beschwerde gegen das Urteil ein, da sie die Höhe der Strafe als fehlerhaft ansahen.
- Die Rechtsfrage: Hat das erstinstanzliche Gericht die Höhe der Strafe korrekt bemessen, wenn es weder den aus dem Verstoß gezogenen wirtschaftlichen Vorteil noch die genauen wirtschaftlichen Verhältnisse der Firma konkret festgestellt und belegt hat?
- Die Antwort: Nein, das ursprüngliche Urteil wurde wegen erheblicher Rechtsfehler in der Strafbemessung aufgehoben. Das Gericht hatte wesentliche Feststellungen zu den Finanzen und zum möglichen wirtschaftlichen Vorteil der Firma unterlassen oder nur pauschal beschrieben.
- Die Bedeutung: Bei der Festsetzung von Bußgeldern gegen Firmen müssen Gerichte den aus der Ordnungswidrigkeit gezogenen wirtschaftlichen Vorteil zwingend konkret ermitteln oder nachvollziehbar schätzen. Ohne diese detaillierten Feststellungen ist das Urteil Rechtsfehlerhaft und kann keinen Bestand haben.
Der Fall vor Gericht
Wie kann eine 800-Euro-Strafe für alle Beteiligten falsch sein?
Ein Unternehmen wird zu 800 Euro Bußgeld verurteilt. Es legt Beschwerde ein, weil es die Strafe für zu hoch hält. Gleichzeitig legt die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein, weil sie die Begründung für die Strafe für zu schwach hält. Am Ende bekommen beide Recht. Wie das geht? Indem das höhere Gericht das Urteil komplett kassiert – aus einem Grund, der zeigt, wie präzise Justiz sein muss, gerade wenn es um Geld geht.
Worum ging es im ursprünglichen Verstoß?
Die Ausgangslage war ein alltäglicher Fehler im Online-Handel. Ein Unternehmen bot ein Elektrogerät an, das eine Batterie enthielt. Es versäumte aber, sich als Hersteller solcher Geräte bei der zuständigen Stiftung zu registrieren. Dieses Versäumnis ist kein Kavaliersdelikt. Es stellt einen Verstoß gegen das Elektro- und Elektronikgerätegesetz (kurz ElektroG) dar. Das Gesetz soll sicherstellen, dass Hersteller für die spätere Entsorgung ihrer Produkte Verantwortung übernehmen. Das zuständige Amtsgericht in Dessau-Roßlau sah den Verstoß als erwiesen an. Es wertete das Vorgehen als fahrlässig, nicht als vorsätzlich. Nach Abwägung der Umstände – das Unternehmen zeigte sich einsichtig und holte die Registrierung schnell nach – verhängte das Gericht eine Geldbuße von 800 Euro. Ein scheinbar abgeschlossener Fall. Doch hier begann die eigentliche juristische Auseinandersetzung.
Warum legten Unternehmen und Staatsanwaltschaft Beschwerde ein?
Beide Seiten sahen in dem Urteil des Amtsgerichts gravierende Mängel. Ihre Perspektiven waren grundverschieden. Das Unternehmen empfand die 800 Euro als zu hart….