Ein Autofahrer forderte nach dem Totalschaden seines Wagens Schadensersatz für 800 Euro teure, nicht montierte Winterreifen. Der Unfallgegner sollte die Kosten übernehmen, doch die unbeschädigte Neuanschaffung galt plötzlich als juristisch wertlos. Zum vorliegenden Urteil Az.: 4 C 315/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Zeitz
- Datum: 11.06.2024
- Aktenzeichen: 4 C 315/23
- Verfahren: Schriftliches Verfahren
- Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht, Haftungsrecht, Straßenverkehrsrecht
- Das Problem: Ein Autofahrer erlitt einen Totalschaden, der von der Unfallverursacherin vollständig anerkannt wurde. Er forderte zusätzlich den Zeitwert von vier neuen Winterreifen, die er bereits gekauft hatte, die aber zum Unfallzeitpunkt nicht montiert waren.
- Die Rechtsfrage: Muss der Unfallverursacher nach einem Totalschaden für unbeschädigte Winterreifen aufkommen, die vor dem Unfall gekauft, aber nicht am Fahrzeug befestigt waren?
- Die Antwort: Nein. Der Anspruch des Fahrers wurde abgewiesen. Das Gericht entschied, dass die Kosten für die Reifen bereits vor dem Unfall entstanden und keine neue, durch den Unfall verursachte Vermögenseinbuße darstellen.
- Die Bedeutung: Aufwendungen, die vor einem Verkehrsunfall getätigt wurden und nicht fest zum Fahrzeug gehören, sind in der Regel kein ersatzfähiger Schaden. Geschädigte müssen solche unbenutzten Gegenstände selbst gesondert verkaufen.
Der Fall vor Gericht
Gehören ungenutzte Winterreifen zum Totalschaden?
Ein Autofahrer kauft für seinen Ford Puma einen Satz neuer Winterreifen. Kostenpunkt: über 1.000 Euro. Eine Investition in die Sicherheit für die kalte Jahreszeit. Doch der Winter kommt für dieses Auto nie. Mitten im Juli wird der Ford bei einem Unfall so schwer beschädigt, dass nur noch ein Wirtschaftlicher Totalschaden bleibt. Die Schuldfrage ist geklärt – die Unfallverursacherin haftet zu 100 Prozent. Die Versicherung reguliert den Schaden am Fahrzeug. Übrig bleibt ein seltsames Problem: Die nagelneuen Winterreifen liegen unberührt in der Garage. Sie passen nicht auf das neue Auto des Mannes. Er verlangt von der gegnerischen Versicherung anteiligen Ersatz. Sein Argument ist einfach: Ohne den Unfall hätte er die Reifen jahrelang nutzen können. Jetzt sind sie für ihn wertlos.
Warum argumentierte der Autofahrer, die Reifen seien ein separater Schaden?
Der Kläger baute seine Forderung auf einer nachvollziehbaren Logik auf. Die Winterreifen, so seine Position, stellten eine eigenständige Vermögenseinbuße dar. Der Unfall habe sein Auto zerstört und damit den Zweck der Reifeninvestition zunichtegemacht. Er hatte ein neues Fahrzeug, einen Skoda Karoq, erworben. Die teuren Nokia-Reifen passten auf dieses Modell nicht. Sein Sachverständiger bestätigte schriftlich, dass der Wert der eingelagerten Reifen bei der Berechnung des Wiederbeschaffungswertes für den zerstörten Ford Puma keine Rolle gespielt hatte. Die Versicherung hatte also nur für das Auto bezahlt – so wie es am Unfalltag auf der Straße stand. Für den Kläger war die Rechnung klar: Die Reifen hatten eine geschätzte Lebensdauer von fünf Jahren. Zwei Jahre waren seit dem Kauf vergangen. Er forderte deshalb drei Fünftel des Kaufpreises zurück, exakt 615,04 Euro. Als Geste des Ausgleichs bot er der Versicherung an, ihr die unbeschädigten Reifen im Gegenzug für die Zahlung zu übergeben.
Wie wehrte sich die Versicherung gegen die Forderung?…