Trotz direkter SMS-Warnung der Bank gab ein Kunde seinen pushTAN-Aktivierungscode am Telefon weiter und verlor so 5.000 Euro durch Betrug. Der Grund für die verlorene Wiedergutschrift lag nicht in der Transaktion selbst, sondern in der Missachtung der Sorgfaltspflicht. Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 U 35/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Sachsen‑Anhalt
- Datum: 30.10.2024
- Aktenzeichen: 5 U 35/24
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Zahlungsverkehrsrecht, Haftung, Bankrecht
- Das Problem: Eine Kontoinhaberin verlor durch betrügerische Echtzeitüberweisungen fast 40.000 Euro. Sie verlangte von ihrer Bank die vollständige Gutschrift des Betrages auf ihr Girokonto.
- Die Rechtsfrage: Muss die Bank den Schaden ersetzen, wenn der Kunde einem Betrüger am Telefon den Aktivierungscode für das pushTAN-Verfahren weitergegeben hat?
- Die Antwort: Nein, die Klage wurde abgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass die Kundin grob fahrlässig gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen hatte und deshalb den gesamten Schaden selbst tragen muss.
- Die Bedeutung: Bankkunden verlieren ihren grundsätzlichen Anspruch auf Erstattung bei unautorisierten Zahlungen, wenn sie Aktivierungsdaten oder TANs trotz klarer Warnhinweise an Dritte weitergeben. grobe Fahrlässigkeit hebt den Erstattungsanspruch vollständig auf.
Der Fall vor Gericht
Wie kann eine ignorierte Warnung in einer SMS fast 40.000 Euro kosten?
In der SMS, die eine Bankkundin erhielt, stand ein klarer Satz: „Bitte leiten Sie diese SMS nicht an dritte Personen weiter! Kein Mitarbeiter wird Sie um Weitergabe dieser Daten bitten.“ Am Telefon versicherte ihr ein angeblicher Bankmitarbeiter, genau diesen Code für eine wichtige App-Aktualisierung zu benötigen. Sie las den Code vor. Dieser Moment kostete sie fast 40.000 Euro und führte sie bis vor das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt. Dort ging es um die eine Frage: Wie schwer wiegt die Missachtung einer solchen Warnung?
Muss die Bank bei Betrug den Schaden grundsätzlich erstatten?
Ja, das ist der Ausgangspunkt. Wenn Fremde unbemerkt auf ein Konto zugreifen und Geld überweisen, spricht man von nicht autorisierten Zahlungsvorgängen. Das Gesetz schützt hier zunächst den Bankkunden. Nach § 675u des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) muss die Bank dem Kunden den abgebuchten Betrag unverzüglich wieder gutschreiben. Sie trägt das Risiko eines solchen Missbrauchs. Im vorliegenden Fall behauptete die Bank, die Transaktionen seien ordnungsgemäß mit dem pushTAN-Verfahren freigegeben worden. Sie legte technische Protokolle vor. Das schafft einen sogenannten Anscheinsbeweis (§ 675w BGB) – es sieht auf den ersten Blick so aus, als hätte die Kundin alles selbst genehmigt. Doch die Kontoinhaberin konnte diesen Anschein erschüttern. Sie schilderte dem Gericht glaubhaft den betrügerischen Anruf und wie sie getäuscht wurde. Die Richter waren überzeugt: Nicht sie, sondern Betrüger hatten die Überweisungen in Höhe von insgesamt 39.989 Euro ausgelöst. Ihr Anspruch auf Erstattung war damit im Grundsatz geboren.
Warum ging die Kundin am Ende trotzdem leer aus?
Der Anspruch auf Gutschrift war nur die eine Seite der Medaille. Die Bank hatte ein scharfes juristisches Schwert in der Hand: einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen ihre Kundin. Dieser Anspruch entsteht, wenn der Kunde seine Sorgfaltspflichten in besonders schwerer Weise verletzt – Juristen nennen das „grobe Fahrlässigkeit“ (§ 675v Abs. 3 Nr….