Trotz des weitreichenden Umfangs der Vollzugsvollmacht beim Notar scheiterte die gewünschte Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch an einem fehlenden Detail. Das Gericht musste entscheiden, ob die Vollmacht ausreicht, um eine notwendige inhaltliche Bestimmung für das Gemeinschaftsverhältnis nachträglich festzulegen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 Wx 22/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Sachsen‑Anhalt
- Datum: 16.12.2024
- Aktenzeichen: 12 Wx 22/24
- Verfahren: Grundbuchbeschwerde
- Rechtsbereiche: Grundbuchrecht, Sachenrecht
- Das Problem: Mehrere Grundstückseigentümer wollten ein gemeinsames Recht (Grunddienstbarkeit) im Grundbuch eintragen lassen. Das Grundbuchamt verlangte eine genaue Angabe, wie diese Eigentümer das Recht gemeinsam ausüben sollen (Gemeinschaftsverhältnis). Die Eigentümer argumentierten, der bevollmächtigte Notar dürfe diese fehlende Angabe nachliefern.
- Die Rechtsfrage: Reicht eine generelle Vollmacht an den Notar zum bloßen Vollzug der Urkunde aus, um eine inhaltliche Bestimmung über die Art der Rechtsausübung der beteiligten Eigentümer nachträglich zu treffen?
- Die Antwort: Nein. Eine Vollzugsvollmacht beschränkt sich auf die Beseitigung technischer oder formeller Mängel. Die Festlegung des Gemeinschaftsverhältnisses stellt eine inhaltliche Bestimmung des einzutragenden Rechts dar, die der Notar nicht ohne ausdrückliche Bewilligung der Eigentümer vornehmen darf.
- Die Bedeutung: Eine einfache Vollzugsvollmacht an Notare ist eng begrenzt. Sie deckt keine inhaltlichen Entscheidungen ab, bei denen mehrere rechtliche Optionen zur Gestaltung eines Grundbuchrechts bestehen.
Der Fall vor Gericht
Darf ein Notar mit einer Standard-Vollmacht inhaltliche Entscheidungen treffen?
Wenn Sie einen Notar beauftragen, unterschreiben Sie oft eine Klausel, die ihm erlaubt, „den Vertrag zu vollziehen“. Das klingt praktisch. Es soll den Papierkram beschleunigen. Aber ist diese Vollmacht ein Blankoscheck? Darf der Notar nicht nur Formulare ausfüllen, sondern auch inhaltliche Entscheidungen für Sie treffen? Genau diese Frage landete vor dem Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt. Ein Notar wollte für seine Mandanten eine Lücke im Vertrag füllen – und stieß auf den erbitterten Widerstand des Grundbuchamts, das eine Grenze zog.
Was war das Problem bei der Eintragung der Grunddienstbarkeit?
Mehrere Grundstückseigentümer ließen sich von einem Notar eine sogenannte Grunddienstbarkeit beurkunden. Im Klartext: Sie sicherten sich ein gemeinsames Recht, zum Beispiel ein Wegerecht, auf einem fremden Grundstück. Die notarielle Urkunde wurde beim Grundbuchamt eingereicht, um dieses Recht offiziell einzutragen. Der zuständige Beamte stoppte den Vorgang. In der Urkunde fehlte eine wichtige Angabe. Das Gesetz verlangt in § 47 der Grundbuchordnung (GBO) eine klare Aussage zum Gemeinschaftsverhältnis der Berechtigten. Es muss festgelegt sein, wie genau sich die verschiedenen Eigentümer das Recht teilen – ob sie es nur gemeinsam ausüben dürfen oder ob jeder es allein für alle nutzen kann. Der Notar sah darin kein großes Hindernis. Er verwies auf die Vollzugsvollmacht im Vertrag. Diese Klausel ermächtige ihn, Anträge zu ergänzen. Er reichte eine eigene Erklärung nach, in der er das fehlende Gemeinschaftsverhältnis selbst bestimmte: Die Eigentümer sollten „als Gesamtberechtigte“ eingetragen werden. Das war sein Versuch, die Lücke zu schließen und die Eintragung zu ermöglichen….