Wegen gravierender Schallschutzmängel an einem Doppelhaus forderte ein Käufer in München 206.500 Euro Schadensersatz wegen mangelhafter Werkleistung vom Bauträger. Der Bauunternehmer verzögerte die Mängelbehebung gezielt, um die Ansprüche zu verjähren, doch die Frist begann erst viel später zu laufen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 28 U 1226/23 Bau | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht München
- Datum: 25.07.2023
- Aktenzeichen: 28 U 1226/23 Bau
- Verfahren: Zurückweisung einer Berufung
- Rechtsbereiche: Werkvertragsrecht, Schadensersatz
- Das Problem: Ein Bauherr forderte von der Baufirma 206.500 Euro Schadensersatz wegen gravierender Mängel an seinem Doppelhaus und der Tiefgarage. Die Mängel betrafen unter anderem den Schallschutz und die Nutzung des Gartens. Die Baufirma weigerte sich zu zahlen und legte Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil ein.
- Die Rechtsfrage: Muss die Baufirma den geforderten Schadensersatz wegen der Mängel bezahlen und sind diese Ansprüche überhaupt noch gültig?
- Die Antwort: Ja. Das Gericht wies die Berufung der Baufirma zurück und bestätigte den Schadensersatz von 206.500 Euro wegen Werteinbuße der Immobilie. Die Ansprüche waren nicht verjährt, da das Abrechnungsverhältnis rechtzeitig entstand.
- Die Bedeutung: Bauunternehmer haften für schwere Mängel und tragen das Risiko für Planungsfehler oder Abweichungen von der vertraglichen Leistung. Bei gravierenden Mängeln wird der Schaden anhand der gesamten Werteinbuße der Immobilie berechnet.
Der Fall vor Gericht
Warum ging der Bauträger mit seiner Taktik leer aus?
Im Immobiliengeschäft ist Zeit Geld. Ein Bauträger aus München schien auf diese Weisheit zu setzen, als er über Jahre hinweg die Mängelbeseitigung an einem neuen Doppelhaus verweigerte. Die Hoffnung: Vielleicht verjähren die Ansprüche des Käufers, vielleicht steigen die Immobilienpreise so stark, dass die Fehler im Vergleich unbedeutend werden. Dieser Poker ging nicht auf. Das Oberlandesgericht München machte dem Unternehmen einen Strich durch die Rechnung und stellte klar: Wer auf Zeit spielt, trägt am Ende selbst das Risiko. Der Fall wurde zu einer Lektion darüber, ab welchem exakten Moment ein Bauherr die Geduld verlieren und stattdessen Geld verlangen darf.
Welche konkreten Fehler wies das Traumhaus auf?
Die Liste der Mängel war lang und traf den Käufer an empfindlichen Stellen. Der Garten, als freie Wiese versprochen, wurde durch ein unschönes Entlüftungshäuschen für die Tiefgarage verstellt – ein Bauwerk, das zudem im Gemeinschaftseigentum stand und die private Nutzung zunichtemachte. Die Tiefgarage selbst litt unter einem fehlerhaften Lüftungskonzept. Statt einer mechanischen Anlage, wie in der Baugenehmigung vorgesehen, gab es nur eine natürliche Lüftung. Ein weiterer, zentraler Streitpunkt war der Schallschutz. Der Käufer konnte Gespräche und Geräusche aus der benachbarten Doppelhaushälfte hören, weil die gesetzlichen Mindestanforderungen nicht eingehalten wurden. Kleinere Mängel an der Außentreppe rundeten das Bild eines mangelhaften Werks ab.
Wie wurde der Schaden von 206.500 Euro berechnet?
Der Käufer verlangte keinen Kostenvorschuss für Reparaturen. Sein Argument war einfacher: Das Haus ist mit diesen Fehlern auf dem Markt weniger wert. Um diese Werteinbuße zu beziffern, schaltete das Gericht einen Sachverständigen ein. Dessen Methode war logisch. Er ermittelte den fiktiven Marktwert des Hauses, wenn es denn mängelfrei wäre….