Ein Beklagter gab den Klageanspruch sofort zu, verlangte aber gleichzeitig eine strittige Kostenentscheidung, indem er das Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast erklärte. Das Oberlandesgericht musste entscheiden, ob dieser Vorbehalt die erhoffte Reduzierung der Gerichtsgebühren doch noch zunichtemacht. Zum vorliegenden Urteil Az.: 30 W 113/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt am Main
- Datum: 08.09.2025
- Aktenzeichen: 30 W 113/25
- Verfahren: Verfahren zur Klärung der Höhe von Gerichtsgebühren
- Rechtsbereiche: Kostenrecht, Zivilprozessrecht
- Das Problem: Ein Beklagter erkannte die Klageforderung an, behielt sich aber die Entscheidung über die Verfahrenskosten vor. Das Landgericht setzte daraufhin die vollen, hohen Gerichtsgebühren an. Der Beklagte forderte stattdessen die stark reduzierte Gebühr.
- Die Rechtsfrage: Gilt die ermäßigte Gerichtsgebühr nach einem Anerkenntnis auch dann, wenn das Gericht noch streitig entscheiden muss, wer die Verfahrenskosten trägt?
- Die Antwort: Ja. Die ermäßigte Gebühr ist anzuwenden. Die notwendige streitige Kostenentscheidung ändert nichts daran, dass das gesamte Verfahren durch das Anerkenntnis beendet wurde.
- Die Bedeutung: Sobald ein Verfahren durch ein Anerkenntnis beendet wird, tritt die Gebührenermäßigung ein. Dies gilt auch, wenn sich der Beklagte die Entscheidung über die Kosten ausdrücklich vorbehalten hat. Die Gerichtskosten sind für den Beklagten in diesem Fall deutlich geringer.
Der Fall vor Gericht
Wie kann ein Schuldeingeständnis die Gerichtskosten drastisch senken?
Ein Beklagter in einem Zivilprozess vollzieht einen seltenen Schachzug: Er gibt klein bei, gesteht der Klägerin alles zu, was sie fordert – und verlässt den Gerichtssaal am Ende mit einem erheblichen Rabatt auf die Rechnung des Gerichts. Das war kein Versehen. Es war ein kalkulierter Schritt, der auf einem speziellen juristischen Werkzeug beruht: dem „Anerkenntnis unter Verwahrung gegen die Kostenlast“. Der Fall landete vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Die Richter mussten eine kostspielige Frage klären: Führt ein Sieg auf dem Papier automatisch dazu, dass der Gewinner alle seine Auslagen erstattet bekommt? Erst recht, wenn der Verlierer den Kampf zwar aufgibt, aber nicht den Streit darüber, wer am Ende dafür bezahlen muss.
Warum landete ein Streit um 590 Euro vor dem Oberlandesgericht?
Die Klägerin hatte den Rechtsstreit in der Hauptsache gewonnen. Der Beklagte erkannte ihren Anspruch vollständig an. Das Landgericht erließ daraufhin ein sogenanntes Anerkenntnisurteil. Normalerweise ist die Sache damit erledigt. Der Beklagte hatte seinem Anerkenntnis aber einen entscheidenden Zusatz beigefügt: Er verwahre sich gegen die Kostenlast. Im Klartext bedeutet das: „Ich akzeptiere die Forderung, aber ich weigere mich zu akzeptieren, dass ich die Kosten des Verfahrens tragen muss.“ Dieser Vorbehalt hat einen konkreten Hintergrund. Das Gesetz sieht in § 93 der Zivilprozessordnung (ZPO) eine Ausnahme vom Grundsatz „Wer verliert, zahlt“ vor. Wenn ein Beklagter keinen Anlass zur Klage gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt, kann das Gericht die gesamten Prozesskosten der siegreichen Klägerin auferlegen. Genau auf diese Prüfung wollte es der Beklagte ankommen lassen. Das Landgericht setzte die vom Beklagten zu erstattenden Kosten fest. Darin enthalten waren die vollen Gerichtskosten in Höhe von 885 Euro….