Ein Autofahrer klagte auf die vollen Mietwagenkosten nach Unfall, obwohl ihm die Versicherung einen nachweislich günstigeren Tarif angeboten hatte. Entscheidend war, dass das Gericht die Zurückweisung des günstigeren Tarifs als Verletzung der Schadensminderungspflicht wertete. Zum vorliegenden Urteil Az.: 43 C 833/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Stuttgart
- Datum: 12.09.2024
- Aktenzeichen: 43 C 833/24
- Verfahren: Schadensersatzklage
- Rechtsbereiche: Verkehrsunfall, Schadensersatz, Mietwagenkosten
- Das Problem: Nach einem Verkehrsunfall mietete der Kläger für die Reparaturzeit einen Ersatzwagen für rund 850 Euro. Die gegnerische Haftpflichtversicherung hatte dem Kläger vorab ein konkretes Vermittlungsangebot für denselben Wagentyp zu einem Preis von nur 573 Euro übermittelt. Der Kläger forderte die Zahlung der gesamten, höheren Mietkosten.
- Die Rechtsfrage: Muss die Versicherung die vollen Kosten für einen teuren Mietwagen bezahlen, wenn dem Geschädigten ein günstigerer Tarif bekannt war, den er mit zumutbarem Aufwand hätte nutzen können?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht wies die Klage auf Erstattung der Mehrkosten ab. Der Geschädigte hat seine Pflicht verletzt, den Schaden so gering wie möglich zu halten, weil ihm das günstigere Angebot über seinen Anwalt zugerechnet wurde.
- Die Bedeutung: Unfallgeschädigte müssen die ihnen zumutbaren, günstigeren Angebote der Haftpflichtversicherung prüfen und nutzen. Die Zumutbarkeit gilt auch, wenn ein geringer eigener Aufwand, etwa wenige Anrufe, nötig ist, um die Verfügbarkeit des günstigeren Ersatzfahrzeugs zu prüfen.
Der Fall vor Gericht
Warum muss ein Unfallopfer auf ein günstigeres Mietwagen-Angebot der gegnerischen Versicherung eingehen?
Nach einem Verkehrsunfall wartet die gegnerische Haftpflichtversicherung nicht einfach ab, bis die Rechnungen eintreffen. Sie wird aktiv. Im Fall eines Autofahrers schickte sie ihm und seinem Anwalt gezielt Angebote für einen deutlich günstigeren Mietwagen. Der Mann mietete trotzdem ein teureres Fahrzeug. Er war der Meinung, als unverschuldet Geschädigter habe er freie Wahl. Das Amtsgericht Stuttgart belehrte ihn eines Besseren und zeigte auf, wie ein proaktiver Versicherer die Spielregeln für den Schadensersatz mitgestalten kann. Der Autofahrer blieb auf einem Teil seiner Kosten sitzen.
Welchen Betrag forderte der Autofahrer und warum?
Der Unfall war unstrittig. Die gegnerische Versicherung musste für den Schaden aufkommen. Während sein Fahrzeug vom 20. bis 24. Februar 2023 in der Werkstatt war, benötigte der Kläger einen Ersatzwagen. Er mietete ein passendes Modell der Mietwagenklasse 7 und erhielt dafür eine Rechnung über 850,86 Euro. Seiner Ansicht nach war dies der notwendige Aufwand, um seine Mobilität wiederherzustellen – ein klassischer Fall von Schadensersatz nach § 249 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Die Versicherung zahlte aber nur 573,00 Euro. Die Differenz von 277,86 Euro klagte der Autofahrer ein. Er argumentierte, die Kosten seien real angefallen und damit vollständig zu erstatten.
Mit welcher Begründung wehrte sich die Versicherung?
Die Versicherung zückte einen entscheidenden Trumpf: ihre eigene Initiative. Lange vor der Reparatur hatte sie dem Autofahrer und seinem Anwalt mehrfach sogenannte Drittvermittlungsangebote geschickt….