Die Staatskasse wollte die volle Höhe der Terminsgebühr bei kurzer Verhandlungsdauer von nur fünf Minuten stark kürzen, obwohl der Autofahrer freigesprochen wurde. Die unerwartete Anwendung des Strafklageverbrauchs rechtfertigte die Anwaltsvergütung jedoch trotz der minimalen Zeit im Gerichtssaal. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Qs 50/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Freiburg (Breisgau)
- Datum: 30.07.2024
- Aktenzeichen: 2 Qs 50/24
- Verfahren: Streit um die Erstattung von Anwaltskosten
- Rechtsbereiche: Anwaltsvergütung, Kostenrecht, Bußgeldverfahren
- Das Problem: Nach Einstellung eines Bußgeldverfahrens kürzte das Amtsgericht die beantragten Anwaltskosten stark. Das Gericht berücksichtigte dabei die geringe Dauer der zwei Verhandlungstermine. Der Betroffene legte Beschwerde ein, um die volle Erstattung zu erhalten.
- Die Rechtsfrage: Muss der Staat die vollen, vom Anwalt geforderten Gebühren für zwei sehr kurze Gerichtstermine erstatten, wenn das Bußgeldverfahren wegen eines komplizierten Verfahrenshindernisses eingestellt wurde?
- Die Antwort: Ja, größtenteils. Die vollen Terminsgebühren sind zu erstatten. Trotz der kurzen Dauer war die Arbeit des Anwalts wegen der komplizierten Rechtsfrage des sogenannten Strafklageverbrauchs von hoher Bedeutung und Schwierigkeit.
- Die Bedeutung: Für die Höhe der erstattungsfähigen Anwaltskosten zählt die rechtliche Komplexität des Falles mehr als die tatsächliche Dauer der Gerichtsverhandlung. Die Notwendigkeit der anwaltlichen Tätigkeit ist ausschlaggebend, auch wenn der ursprüngliche Verstoß geringfügig war.
Der Fall vor Gericht
Wieviel ist ein schneller Sieg wert?
Einen Sieg vor Gericht zu erringen ist die eine Sache. Die Kosten für diesen Sieg erstattet zu bekommen, eine ganz andere. Ein Autofahrer aus Freiburg erlebte genau das. Sein Bußgeldverfahren wegen eines Rotlichtverstoßes wurde eingestellt – ein klarer Erfolg. Doch als sein Anwalt die Rechnung bei der Staatskasse einreichte, zahlte diese nur einen Bruchteil. Der Grund: Die beiden entscheidenden Gerichtstermine waren dem Amt zu kurz. Das Landgericht Freiburg musste klären, ob ein 20-minütiger Sieg weniger wert ist als ein stundenlanger Kampf.
Warum landete ein 90-Euro-Bußgeld überhaupt vor Gericht?
Am Anfang stand ein alltäglicher Vorwurf: ein Rotlichtverstoß, geahndet mit 90 Euro Bußgeld. Der betroffene Autofahrer legte Einspruch ein, und der Fall ging an das Amtsgericht Freiburg. Dort fanden zwei Hauptverhandlungen statt. Die erste dauerte etwa 15 Minuten, die zweite sogar nur fünf. Das Ergebnis war ein Sieg für den Autofahrer. Sein Verteidiger hatte einen entscheidenden prozessualen Fehler entdeckt: ein Verfahrenshindernis namens Strafklageverbrauch. Im Klartext bedeutet das, dass über dieselbe Tat bereits an anderer Stelle entschieden wurde und sie nicht erneut verhandelt werden darf. Das Gericht musste das Verfahren daraufhin einstellen, wie es das Gesetz vorschreibt (§ 206a Strafprozessordnung in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Ordnungswidrigkeitengesetz). Der Fall war vom Tisch. Der wahre Streit begann erst jetzt.
Weshalb kürzte die Staatskasse die Rechnung des Anwalts?
Der Verteidiger reichte seine Kostennote bei der Staatskasse ein. Nach einem Freispruch oder einer Einstellung des Verfahrens muss die Staatskasse die notwendigen Auslagen des Betroffenen – also auch die Anwaltskosten – übernehmen. Der Anwalt forderte insgesamt 1.286,39 Euro….