Nachbarn klagten im reinen Wohngebiet gegen den Bau zweier Mehrfamilienhäuser und die damit verbundene Berechnung des Wärmepumpen-Lärms nach TA Lärm. Die Kläger führten zudem Formfehler im Bebauungsplan an, doch das Gericht prüfte nur, ob der Schall die Nachbarn überhaupt betrifft. Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 K 597/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Verwaltungsgericht Karlsruhe
- Datum: 30.10.2024
- Aktenzeichen: 2 K 597/24
- Verfahren: Klage gegen eine Baugenehmigung des Nachbarn
- Rechtsbereiche: Baurecht, Immissionsschutzrecht, Nachbarrecht
- Das Problem: Nachbarn klagten gegen die Baugenehmigung für zwei Mehrfamilienhäuser. Sie hielten das Bauvorhaben für zu groß und befürchteten unzumutbaren Lärm durch zwei geplante Luft-Wasser-Wärmepumpen.
- Die Rechtsfrage: Verletzt die erteilte Baugenehmigung die Nachbarn in ihren schützenden Rechten, insbesondere durch die Größe der Gebäude oder den zu erwartenden Lärm?
- Die Antwort: Nein. Die Klage wurde abgewiesen. Das Gericht sah keine Verletzung nachbarschützender Rechte.
- Die Bedeutung: Bei Bauvorhaben muss der von Wärmepumpen ausgehende Lärm anhand der tatsächlichen Höchstwerte berechnet werden. Die berechneten Immissionen lagen im schallreduzierten Nachtbetrieb deutlich unterhalb der kritischen Schwelle für eine relevante Belästigung.
Der Fall vor Gericht
Warum scheiterte die Klage gegen die Mehrfamilienhäuser?
Ein Bebauungsplan ist das Gesetzbuch eines Stadtviertels. Er legt fest, wie hoch, wie breit und wie dicht gebaut werden darf. Ein Ehepaar aus dem Raum Karlsruhe glaubte, in diesem Regelwerk die perfekte Waffe gegen das Bauprojekt ihrer neuen Nachbarn gefunden zu haben: zu viele Stockwerke, eine zu große Grundfläche, eine zu nahe Bebauung am Wald. Sie klagten, weil sie ihre Rechte durch die Baugenehmigung für zwei Mehrfamilienhäuser verletzt sahen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe musste ihnen eine grundlegende Wahrheit des Baurechts erklären: Nicht jede Regel in einem Bebauungsplan ist dazu da, den Nachbarn zu schützen.
Welche Regeln des Bebauungsplans schützen Nachbarn – und welche nicht?
Die Kläger führten eine Liste von Verstößen an. Im Zentrum stand die Behauptung, eines der geplanten Häuser habe drei Vollgeschosse, obwohl der Bebauungsplan nur zwei erlaube. Sie kritisierten zudem, dass die Stadt der Bauherrin Befreiungen für die Überschreitung von Baugrenzen erteilt hatte. Solche Verstöße, so ihre Argumentation, verletzten sie direkt in ihren Rechten als Nachbarn. Das Gericht durchkreuzte diese Argumentationslinie mit einer klaren Unterscheidung. Eine Klage gegen die Baugenehmigung eines Nachbarn hat nur Erfolg, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Die Genehmigung muss rechtswidrig sein UND sie muss den Kläger in seinen eigenen, speziell für ihn geschaffenen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 VwGO). Genau hier lag der Denkfehler der Kläger. Das Gericht stellte fest, dass die Festsetzungen zur Anzahl der Vollgeschosse oder zur Grundflächenzahl im Bebauungsplan Nr. 490 der Stadt städtebauliche Ziele verfolgen. Sie sollen das allgemeine Erscheinungsbild des Viertels prägen. Sie sind aber nicht dazu gedacht, einem einzelnen Nachbarn einen individuellen Abwehranspruch gegen jedes Bauvorhaben zu geben, das vielleicht ein Stockwerk zu viel hat. Der Plan der Gemeinde enthielt keinen erkennbaren Willen, diese Regeln als Schutzzaun für die Nachbargrundstücke auszulegen….