Obwohl eine Auflassung eines Grundstücks durch transmortale Vollmacht vorlag, verweigerte das Grundbuchamt die Eintragung des neuen Eigentümers. Trotz fehlendem Erbschein und unklarer Erbteilung musste die Behörde die Übertragung des Nachlassgrundstücks womöglich zulassen. Zum vorliegenden Urteil Az.: 8 W 303/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Stuttgart
- Datum: 11.11.2024
- Aktenzeichen: 8 W 303/24
- Verfahren: Beschwerde im Grundbuchverfahren
- Rechtsbereiche: Erbrecht, Grundbuchrecht
- Das Problem: Das Grundbuchamt weigerte sich, die Umschreibung eines geerbten Grundstücks einzutragen. Es verlangte die Vorlage eines Erbnachweises und die Genehmigung aller Erben. Die Antragsteller meinten, die vom Erblasser ausgestellte Vollmacht reiche aus.
- Die Rechtsfrage: Darf jemand mit einer Vollmacht, die über den Tod hinaus gültig ist, ein geerbtes Grundstück im Namen der Erben umschreiben lassen? Ist hierfür die zusätzliche Vorlage eines Erbscheins oder die Genehmigung aller Erben nötig?
- Die Antwort: Nein, die zusätzlichen Nachweise sind nicht nötig. Die Vollmacht, die über den Tod hinaus gilt (Transmortale Vollmacht), reicht für die Umschreibung des Grundstücks aus. Das Grundbuchamt darf die Wirksamkeit der zugrundeliegenden Erbteilung nicht prüfen.
- Die Bedeutung: Eine Vollmacht, die über den Tod hinaus gültig ist, beschleunigt die Abwicklung des Nachlasses erheblich. Bei Grundstücksübertragungen im Erbfall ist dann kein langwieriger formeller Erbnachweis für die Eintragung ins Grundbuch erforderlich.
Der Fall vor Gericht
Worauf kommt es bei der Übertragung eines geerbten Grundstücks an?
Ein Autokauf besteht aus zwei Teilen. Es gibt den Kaufvertrag, der festlegt, wer was zu welchem Preis bekommt. Und es gibt den Moment der Schlüsselübergabe, der das Eigentum am Wagen tatsächlich überträgt. Im deutschen Recht sind das zwei streng getrennte Akte. Genau dieser feine Unterschied wurde zum Zankapfel für drei Schwestern, die ein Grundstück aus dem väterlichen Erbe erwerben wollten. Sie nutzten eine Vollmacht ihres Vaters für die „Schlüsselübergabe“. Das Grundbuchamt aber blickte auf den zugrundeliegenden Vertrag und blockierte den Vorgang. Ein Gericht musste klären, worauf es beim Eigentumswechsel wirklich ankommt: auf das Versprechen oder auf den Vollzug.
Warum lehnte das Grundbuchamt die Eintragung der Schwestern ab?
Der verstorbene Vater hatte seinen Töchtern eine Generalvollmacht hinterlassen, die ausdrücklich über seinen Tod hinaus wirken sollte – eine sogenannte transmortale Vollmacht. Drei seiner Töchter nutzten diese, um eine landwirtschaftliche Fläche aus dem Nachlass zu je einem Drittel zu erwerben. In einem notariellen Vertrag regelten sie den Kaufpreis und weitere Details der Erbauseinandersetzung. Eine der Schwestern handelte dabei doppelt: einmal für sich selbst als Käuferin und einmal als Bevollmächtigte für die Erbengemeinschaft als Verkäuferin. Das Grundbuchamt sah hier ein Problem. Der notarielle Vertrag war mehr als nur ein simpler Kaufvertrag. Er regelte Teile der Aufteilung des gesamten Erbes. Eine solche Erbteilung, so argumentierte die Behörde, berühre die persönlichen Vermögen aller Erben – nicht nur das Nachlassvermögen, auf das sich die Vollmacht des Vaters bezog. Die Vollmacht sei für ein derart weitreichendes Geschäft nicht stark genug. Die Behörde forderte in einer Zwischenverfügung nach § 18 Abs….