Die Ehefrau eines Schmuckunternehmers forderte nach 20 Jahren Ehe die gerichtliche Prüfung der Sittenwidrigkeit des Ehevertrags, weil dieser Zugewinn und Unterhalt komplett ausschloss. Die Klägerin berief sich auf eine erhebliche Benachteiligung, doch für das Gericht war die Absicherung des Betriebsvermögens entscheidend. Zum vorliegenden Urteil Az.: 20 UF 4/25 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
- Datum: 06.05.2025
- Aktenzeichen: 20 UF 4/25
- Verfahren: Familienrechtliches Beschwerdeverfahren
- Rechtsbereiche: Familienrecht, Vertragsrecht, Güterrecht
- Das Problem: Ein Ehemann verlangte von seiner Frau Auskunft über ihr Vermögen, um einen Zugewinnausgleich zu prüfen. Die Frau berief sich auf einen Ehevertrag von 1999. Dieser Vertrag schloss Zugewinn, Unterhalt und Versorgungsausgleich wechselseitig aus. Der Mann hielt den Vertrag für sittenwidrig und unwirksam, da er bei Abschluss als Student wirtschaftlich von der Frau abhängig gewesen sei.
- Die Rechtsfrage: Muss dieser umfassende Ehevertrag für unwirksam erklärt werden, weil der Ehemann bei Vertragsabschluss wirtschaftlich unterlegen war? Durfte das erstinstanzliche Gericht den Antrag auf Vermögensauskunft bereits in der ersten Stufe des Verfahrens abweisen?
- Die Antwort: Nein. Der Ehevertrag ist wirksam und nicht sittenwidrig. Das Gericht sah keine Hinweise auf eine Ausnutzung einer Zwangslage oder eine unzumutbare Benachteiligung des Mannes. Die Abweisung des Auskunftsantrags in der ersten Verfahrensstufe war rechtlich zulässig.
- Die Bedeutung: Eheverträge, die Zugewinn und Unterhalt ausschließen, sind grundsätzlich wirksam und schützen oft das Betriebsvermögen (Unternehmerehe). Gerichte erklären solche Verträge nur für unwirksam, wenn eine extreme, ungerechtfertigte Benachteiligung unter Ausnutzung einer Zwangslage vorliegt. Eine spätere positive unternehmerische Entwicklung beider Ehegatten spricht gegen eine anfängliche Übervorteilung.
Der Fall vor Gericht
War der Ehevertrag eine sittenwidrige Falle?
Ein Ehevertrag aus dem Jahr 1999 lag über zwei Jahrzehnte unbeachtet in einer Schublade. Er regelte alles, was bei einer Scheidung teuer werden kann: den Zugewinn, den Unterhalt, die Rente. Alles wurde ausgeschlossen. Als die Ehe eines Unternehmerpaares schließlich scheiterte, wurde dieses Dokument zur juristischen Zeitbombe. Der Ehemann forderte Auskunft über das Vermögen seiner Frau – der erste Schritt zur Teilung des Kuchens. Sie hielt ihm den Vertrag entgegen. Seine Antwort: Das Papier sei von Anfang an sittenwidrig und damit wertlos.
Warum war der erste juristische Schritt eine Auskunftsklage?
Der Ehemann leitete das Scheidungsverfahren mit einem sogenannten Stufenantrag ein. Das ist ein taktisch kluger Weg, wenn man den genauen Wert des gegnerischen Vermögens nicht kennt. Auf der ersten Stufe verlangt man nur Auskunft. Man will wissen: Welches Anfangsvermögen hatte die Partnerin bei der Heirat? Welches Endvermögen bei der Trennung? Erst mit diesen Zahlen lässt sich auf der zweiten Stufe der konkrete Anspruch auf Zugewinnausgleich berechnen. Die Ehefrau blockierte diesen ersten Schritt. Sie argumentierte, eine Auskunft sei überflüssig. Der Ehevertrag von 1999 habe den Zugewinnausgleich wirksam ausgeschlossen. Wo kein Anspruch besteht, braucht man auch keine Informationen zu seiner Berechnung. Das Amtsgericht Pforzheim folgte dieser Logik….