Nachdem ein Autofahrer die Fahrerlaubnis-Rücknahme durch eine einstweilige Anordnung vor Gericht abwendete, hob das OVG den Beschluss 18 Monate später auf. Die Behörde bestand auf dem sofortigen Entzug der Fahrerlaubnis, weil die gesetzliche Jahresfrist angeblich erst jetzt zu laufen begann. Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 M 739/19 OVG | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
- Datum: 31.03.2020
- Aktenzeichen: 3 M 739/19 OVG
- Verfahren: Beschwerde gegen die Ablehnung vorläufigen Rechtsschutzes
- Rechtsbereiche: Fahrerlaubnisrecht, Verwaltungsrecht, Eilrechtsschutz
- Das Problem: Einer Bürgerin wurde die Fahrerlaubnis entzogen, weil sie nach Alkoholfahrt kein MPU-Gutachten vorlegte. Zuvor hatte sie die Neuerteilung durch eine vorläufige gerichtliche Anordnung erzwungen. Die Behörde nahm die erteilte Lizenz zurück, nachdem diese Anordnung von einem höheren Gericht aufgehoben wurde. Die Bürgerin wehrte sich dagegen gerichtlich.
- Die Rechtsfrage: Darf die Behörde eine Fahrerlaubnis, die nur aufgrund einer Gerichtsentscheidung erteilt wurde, sofort zurücknehmen, wenn diese Entscheidung nachträglich von einem höheren Gericht aufgehoben wird?
- Die Antwort: Nein. Die Beschwerde der Bürgerin war unzulässig, weil ihre Begründung nicht den formalen Anforderungen genügte. Ergänzend stellt das Gericht fest, dass die Rücknahme der Fahrerlaubnis in der Sache rechtmäßig war, da die ursprüngliche prozessuale Grundlage wegfiel.
- Die Bedeutung: Wer eine Fahrerlaubnis durch eine einstweilige gerichtliche Anordnung erhält, verliert diese sofort, wenn die Anordnung aufgehoben wird. Darüber hinaus kann eine Beschwerde bereits wegen formaler Mängel in der Begründung abgewiesen werden, ohne dass der Inhalt geprüft wird.
Der Fall vor Gericht
Was passiert, wenn ein Führerschein nur auf einer widerrufenen Gerichtsentscheidung beruht?
Einer Frau wurde der Führerschein entzogen. Sie klagte und gewann in der ersten Instanz eine vorläufige Erlaubnis zurück. Die Behörde musste ihr auf Anordnung des Gerichts einen neuen Führerschein ausstellen. Dieses Dokument war wie ein Haus aus Karten. Die Grundlage war die eine, vorläufige Gerichtsentscheidung. Monate später zog ein höheres Gericht diese entscheidende Karte heraus – die Anordnung wurde aufgehoben. Das ganze Konstrukt stürzte in sich zusammen. Die Behörde handelte und nahm der Frau die Fahrerlaubnis formal wieder weg. Die Fahrerin wehrte sich. Sie argumentierte, die Behörde habe zu lange gewartet, eine strenge Jahresfrist sei abgelaufen. Der Fall landete vor dem Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern. Die Richter mussten eine grundlegende Frage klären: Was geschieht mit einem behördlichen Akt, dessen gesamte juristische Rechtfertigung sich in Luft auflöst?
Warum wollte die Behörde die Fahrerlaubnis überhaupt entziehen?
Der Konflikt begann nach einer früheren Verurteilung der Frau. Die Fahrerlaubnisbehörde hegte Zweifel an ihrer Eignung, ein Fahrzeug zu führen. Sie forderte die Frau auf, ein medizinisch-psychologisches Gutachten – eine MPU – vorzulegen. Das sollte klären, ob ein Risiko für Alkoholfahrten bestand. Die Frau weigerte sich. Sie sah sich nicht in der Pflicht, dieses Gutachten beizubringen. Daraufhin schloss die Behörde aus der Weigerung auf ihre Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, wie es das Gesetz in § 11 Abs. 8 der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) vorsieht. Sie wollte ihr keine neue Fahrerlaubnis erteilen….