Ein Fahrer aus Mecklenburg-Vorpommern sammelte acht Punkte, wobei die Behörde bei der Umrechnung alter Punkte in das neue Fahreignungssystem auch Altfälle einbezog. Die zentrale Frage vor Gericht war: Dürfen Verkehrsverstöße, die nach alter Regelung bereits verjährt schienen, überhaupt nachträglich zur Fahruntauglichkeit führen? Zum vorliegenden Urteil Az.: 3 LB 283/18 OVG | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
- Datum: 03.11.2020
- Aktenzeichen: 3 LB 283/18 OVG
- Verfahren: Berufung
- Rechtsbereiche: Straßenverkehrsrecht, Fahrerlaubnisrecht, Übergangsrecht
- Das Problem: Ein Autofahrer verlor seinen Führerschein, weil er laut Behörde acht Punkte gesammelt hatte. Er klagte, da er die Berechnung der Punkte, die teils noch aus dem alten System stammten, für falsch hielt.
- Die Rechtsfrage: Durfte die Behörde den Führerschein entziehen? Durfte sie dafür alte Verkehrssünden aus dem vor 2014 gültigen Punktesystem mitzählen?
- Die Antwort: Ja. Die Entziehung war rechtmäßig. Das Gericht bestätigte, dass die Punkte aus alter und neuer Zeit korrekt umgerechnet wurden. Die alten Eintragungen waren noch verwertbar, da die gesetzliche Löschungsfrist noch nicht abgelaufen war.
- Die Bedeutung: Die strengen Übergangsregeln der Punktereform gelten weiter. Alte Verkehrssünden sind auch im neuen Punktesystem relevant. Sie dürfen erst nach Ablauf der vollen Löschungsfrist und der zusätzlichen Überliegefrist nicht mehr verwertet werden.
Der Fall vor Gericht
Wie kann eine Gesetzesreform alte Verkehrssünden wieder zum Leben erwecken?
Im Jahr 2014 räumte Deutschland sein Punktesystem in Flensburg auf. Aus einem komplizierten Register wurde ein neues, scheinbar einfacheres Modell. Doch was passierte mit den Millionen von alten Einträgen? Für einen langjährigen Autofahrer wurde diese Frage zur existenziellen Bedrohung. Seine alten Verkehrssünden wurden nach neuen Regeln bewertet, was ihn auf die kritische Marke von acht Punkten katapultierte. Sein Fall wurde zu einem Praxistest für die Fairness der Reform und die Frage: Darf ein neues System die Konsequenzen für längst vergangene Taten verschärfen?
Warum wurde aus der Punkterechnung ein Fall für das Oberverwaltungsgericht?
Ein Autofahrer aus Mecklenburg-Vorpommern hatte über Jahre eine beachtliche Liste an Verkehrsverstößen angesammelt. Mit der großen Punktereform am 1. Mai 2014 wurde sein Punktekonto neu berechnet. Kurz darauf sammelte er weitere Punkte. Die zuständige Fahrerlaubnisbehörde zog die Konsequenz. Sie zählte alle alten und neuen Vergehen zusammen, kam auf die Summe von acht Punkten und entzog ihm mit Bescheid vom 29. Juli 2015 die Fahrerlaubnis. Der Mann wehrte sich. Er war der Meinung, die Behörde hätte falsch gerechnet. Insbesondere die Behandlung seiner alten Verstöße, die vor der Reform begangen wurden, sei unfair und rechtlich unzulässig. Seiner Ansicht nach hätten einige Punkte längst gelöscht sein müssen. Der Streit durchlief die Instanzen. Nach seiner Niederlage vor dem Verwaltungsgericht Greifswald landete der Fall schließlich beim Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern. Dort ging es um die Kernfrage: War die Entziehung der Fahrerlaubnis bei acht Punkten rechtmäßig oder hatte die Behörde die komplexen Übergangsregeln falsch angewendet?
Wie genau kam die Behörde auf die entscheidenden acht Punkte?
Die Rechnung der Behörde war ein Zweiklang aus alter und neuer Welt….