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Negativprognose bei krankheitsbedingter Kündigung: reichen 6 Monate Krankheit?

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Trotz besonderem Kündigungsschutz versuchte ein Träger, seinen Bereichsleiter wegen sechs Monaten Krankheit fristlos zu kündigen. Die zentrale Frage wurde zur Hürde: Reichte die Negativprognose bei krankheitsbedingter Kündigung zum Zeitpunkt der Zustellung aus? Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Sa 259/21 | | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern
  • Datum: 21.06.2022
  • Aktenzeichen: 5 Sa 259/21
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Kündigungsschutz, Arbeitsrecht, Krankheit

  • Das Problem: Ein diakonischer Arbeitgeber kündigte einem langjährig beschäftigten Bereichsleiter außerordentlich. Die Kündigung erfolgte wegen angeblich dauerhafter Leistungsunfähigkeit durch Krankheit.
  • Die Rechtsfrage: Kann ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter wegen Krankheit kündigen, der aufgrund seiner langen Beschäftigungszeit als unkündbar gilt?
  • Die Antwort: Nein, die Kündigung war unwirksam. Die Arbeitsunfähigkeit dauerte zum Zeitpunkt der Kündigung erst rund sechs Monate an. Dies reichte für die notwendige Prognose einer dauerhaften Unfähigkeit nicht aus.
  • Die Bedeutung: Bei Mitarbeitern mit besonderem Kündigungsschutz sind die Anforderungen an eine krankheitsbedingte Kündigung extrem hoch. Die dauerhafte Unfähigkeit muss bereits im Moment des Kündigungszugangs feststehen.

Der Fall vor Gericht


War die Kündigung eines „unkündbaren“ Mitarbeiters nach sechs Monaten Krankheit rechtens?

Eine Kündigung wegen Krankheit ist immer eine Wette auf die Zukunft. Der Arbeitgeber muss beweisen, dass der Mitarbeiter nicht mehr gesund wird. Er muss eine düstere Prophezeiung abgeben. Ein diakonischer Träger in Mecklenburg-Vorpommern glaubte, die sechsmonatige Krankheit seines Bereichsleiters sei Beweis genug. Der Mann war seit 18 Jahren im Unternehmen, über 50 Jahre alt und durch besondere Richtlinien geschützt. Das Landesarbeitsgericht belehrte den Arbeitgeber eines Besseren: Eine Prophezeiung braucht ein solides Fundament – und das fehlte hier komplett.

Welchen besonderen Schutz genoss der Bereichsleiter?

Der Arbeitsvertrag des leitenden Mitarbeiters verwies auf die Arbeitsvertragsrichtlinien der Diakonie Deutschland (AVR-DD). Diese Richtlinien sind im kirchlichen Arbeitsrecht das, was in anderen Branchen Tarifverträge sind. Sie gewähren langjährigen Mitarbeitern einen besonderen Status. Der § 30 Abs. 3 AVR-DD schützt Mitarbeiter, die älter als 40 Jahre sind und mindestens 15 Jahre ununterbrochen beschäftigt waren. Für sie ist eine normale, ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Sie sind praktisch „unkündbar“. Der Bereichsleiter erfüllte mit 53 Jahren und 18 Jahren Betriebszugehörigkeit diese Kriterien. Eine ordentliche Kündigung war für den Arbeitgeber damit vom Tisch.

Wie versuchte der Arbeitgeber, diesen Schutz zu umgehen?

Der diakonische Träger griff zu einem schärferen Schwert: der außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Eine solche Kündigung kann selbst die stärksten Schutzmauern durchbrechen. Der Arbeitgeber argumentierte, die dauerhafte Krankheit des Mannes mache die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar. Er sprach aber keine fristlose Kündigung aus, sondern eine „Außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist“. Im Klartext: Die Kündigung sollte zwar sofort gelten, das Arbeitsverhältnis aber erst nach mehreren Monaten enden – so wie bei einer ordentlichen Kündigung….


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