Ein Landesarbeitsgericht klärte die Frage, wann der Anspruch auf Berichtigung der Gehaltsabrechnung durch Arbeitgeber erlischt. Obwohl die fiktive Aufspaltung des Gehalts gegen die Transparenzpflicht verstieß, kann die nachträgliche Korrektur verweigert werden. Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Sa 282/21 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
| Landesarbeitsgericht Mecklenburg‑Vorpommern |
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| Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg‑Vorpommern |
| Datum: 05.04.2022 |
| Aktenzeichen: 5 Sa 282/21 |
| Verfahren: Berufungsverfahren |
| Rechtsbereiche: Arbeitsrecht (Abrechnungspflicht), Zivilrecht (Erfüllung von Ansprüchen) |
| Das Problem: Eine Arbeitnehmerin erhielt vertragsgemäß einen neuen, höheren Tarif. Der Arbeitgeber zahlte das korrekte Geld. Die Gehaltsabrechnungen listeten jedoch weiterhin fiktive oder falsche alte Gehaltsbestandteile auf. | Die Rechtsfrage: Muss mein Arbeitgeber eine Abrechnung korrigieren, wenn ich zwar die richtige Summe auf dem Konto habe, die Aufschlüsselung der einzelnen Posten aber falsch ist? | Die Antwort: Ja, wenn die Abrechnung fiktive Posten statt der tatsächlich gezahlten Bestandteile nennt. Dies verletzt die Pflicht zur Transparenz. Wurde das Gehalt für einen Monat nachträglich komplett beglichen, ist der Anspruch auf Korrektur dieser alten Abrechnung erloschen. | Die Bedeutung: Arbeitnehmer haben ein Recht auf eine transparente Abrechnung. Diese muss die tatsächlichen, vom Arbeitgeber gezahlten Bestandteile enthalten. Fiktive Aufsplittungen des Lohns sind unzulässig und begründen einen Anspruch auf Berichtigung.
Der Fall vor Gericht
Wann ist eine Gehaltsabrechnung mehr als nur ein Stück Papier?
Für eine Krankenpflegerin wurde eine Gehaltserhöhung beschlossen – sogar rückwirkend. Das Krankenhaus zahlte die Differenz für die vergangenen Monate brav nach. Fall erledigt? Nicht ganz. Denn während die Nachzahlung die Vergangenheit heilte, schuf die Art der Abrechnung in der Gegenwart ein neues Problem. Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern musste eine feine Linie ziehen: Wann ist eine Gehaltsabrechnung nur ein Spiegel der Vergangenheit und wann wird sie zu einer Fälschung der Gegenwart?
Warum klagte die Mitarbeiterin trotz korrekter Bezahlung?
Eine langjährige Krankenpflegerin vereinbarte mit ihrem Arbeitgeber, einem Krankenhaus, eine neue, höhere Vergütung nach einem anderen Tarifvertrag. Diese Änderung sollte rückwirkend gelten. Das Krankenhaus zahlte die ausstehenden Beträge für die vergangenen Monate in einer Summe nach. Die monatlichen Zahlungen ab dem Zeitpunkt der Einigung waren ebenfalls korrekt. Das Problem lag in den Dokumenten. Die Gehaltsabrechnungen spiegelten die neue Realität nicht wider. Statt des neuen, einheitlichen Grundgehalts listete das Krankenhaus weiterhin die alten, kleinteiligen Posten auf: ein niedriges Grundgehalt, Ortszuschlag, Ehegattenanteil und diverse Zulagen. Um auf die korrekte Endsumme zu kommen, fügte die Lohnbuchhaltung einfach eine zusätzliche Position „Zulage 1“ oder ähnliches hinzu. Die Mitarbeiterin sah darin einen Verstoß gegen die Abrechnungspflicht des Arbeitgebers, die im § 108 der Gewerbeordnung (GewO) verankert ist. Sie forderte korrekte, nachvollziehbare Abrechnungen. Ihr Argument: Eine Lohnabrechnung muss die Wahrheit abbilden, denn falsche Angaben könnten später Nachteile bei Rente oder Sozialleistungen bedeuten.
Wie verteidigte sich das Krankenhaus?…