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Rechtsanwälte Kotz GbR

Anspruch auf Tariflohnerhöhung ohne Tarifbindung: Ende nach Tarifaustritt?

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Trotz Wegfall der Tarifbindung 2005 forderte ein Lagermitarbeiter Anspruch auf Tariflohnerhöhung und Nachzahlungen basierend auf seinem Altvertrag aus den 90er Jahren. Die entscheidende Klausel galt eigentlich als dynamische Bezugnahme, doch das Gericht musste klären, ob ihre Wirkung durch einen einzigen Austritt erloschen war. Zum vorliegenden Urteil Az.: 5 Sa 143/20 | | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landesarbeitsgericht Mecklenburg‑Vorpommern
  • Datum: 08.12.2020
  • Aktenzeichen: 5 Sa 143/20
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Tarifvertragsrecht, Betriebliche Übung

  • Das Problem: Ein Mitarbeiter verlangte die Zahlung der jeweils aktuellen Tariflöhne für den Einzelhandel. Sein alter Arbeitsvertrag verwies auf eine bestimmte Tarifgruppe und beinhaltete eine allgemeine Bezugnahmeklausel auf Tarifverträge. Der Arbeitgeber hatte jedoch bereits 2005 seine Tarifbindung aufgegeben.
  • Die Rechtsfrage: Muss ein Arbeitgeber weiterhin die aktuellen Tariflohnerhöhungen zahlen, wenn sein alter Arbeitsvertrag auf eine Tarifgruppe verweist, er aber schon lange nicht mehr tarifgebunden ist?
  • Die Antwort: Nein. Das Gericht folgte der Rechtsprechung, dass solche vor dem Jahr 2002 geschlossenen Klauseln nur eine Gleichstellung bewirken sollten. Diese Pflicht zur dynamischen Lohnanpassung endete, als der Arbeitgeber seine eigene Tarifbindung aufgab.
  • Die Bedeutung: Ein Arbeitnehmer hat aus einem Altvertrag keinen Anspruch auf die automatische Übernahme künftiger Tariferhöhungen, wenn der Arbeitgeber nicht mehr tarifgebunden ist. Die unregelmäßige Weitergabe von Lohnerhöhungen gilt nicht als bindende betriebliche Übung für die Zukunft.

Der Fall vor Gericht


Was war der Streitpunkt: eine Rolltreppe oder einzelne Stufen?

Ein Mitarbeiter eines Baumarktes glaubte, sein Gehalt befände sich auf einer Rolltreppe. Einmal in seinem Arbeitsvertrag aus dem Jahr 1996 verankert, sollte es automatisch mit jeder neuen Tarifrunde im Einzelhandel nach oben fahren. Der Arbeitgeber aber hatte die Rolltreppe im übertragenen Sinne im Jahr 2005 abgeschaltet. Seither, so seine Position, gab es nur noch einzelne Stufen nach oben – freiwillig und nach eigenem Ermessen. Vor dem Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern ging es um die Frage: War die Rolltreppe nur abgeschaltet oder war sie vertraglich nie für die Ewigkeit gebaut worden?

Warum sollte eine alte Vertragsklausel für immer gelten?

Der Lagermitarbeiter stützte seine Forderung auf eine simple Logik. Sein Arbeitsvertrag aus den 90er-Jahren verwies nicht nur auf ein Gehalt in D-Mark, sondern ordnete ihn auch einer bestimmten Tarifgruppe des Einzelhandels zu, etwa „K III/1. Tätigkeitsjahr“. Für den Mitarbeiter war der Fall klar: Eine solche Klausel ohne Jahreszahl oder Verfallsdatum könne nur eine „Dynamische Verweisung“ sein. Im Klartext bedeutet das, der Vertrag bezieht sich nicht auf einen einzigen, alten Tarifvertrag, sondern auf die jeweils gültige Fassung. Jede tarifliche Gehaltserhöhung müsste ihm also automatisch zustehen. Ohne diese Dynamik, so sein Argument, wäre die Nennung einer Tarifgruppe sinnlos. Er forderte für die Jahre 2018 und 2019 eine Nachzahlung von 437,82 Euro brutto und zusätzlich eine Verzugspauschale von 760 Euro.

Wieso sah der Arbeitgeber das Versprechen als erloschen an?

Der Baumarkt zeichnete ein anderes Bild der Rechtslage….


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