Eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Berlin umging die WEG-Pflicht zur Einholung von Vergleichsangeboten und stellte eine Miteigentümerin auf Minijob-Basis als Hausbesorgerin ein. Entgegen der Erwartung machte die interne Besetzung den Beschluss nicht automatisch wirtschaftlich oder rechtlich gültig. Zum vorliegenden Urteil Az.: 74 C 5002/24 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Charlottenburg
- Datum: 17.06.2025
- Aktenzeichen: 74 C 5002/24
- Verfahren: Klage zur Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Wirtschaftlichkeit
- Das Problem: Eine Eigentümergemeinschaft beschloss, eine Miteigentümerin als Hausbesorgerin einzustellen. Andere Eigentümer klagten gegen diesen Beschluss. Sie beanstandeten, dass die Gemeinschaft keine Vergleichsangebote eingeholt hatte.
- Die Rechtsfrage: Ist ein Beschluss zur Neueinstellung von Personal gültig? Dies gilt, wenn die Gemeinschaft vorher keine Vergleichsangebote eingeholt hat.
- Die Antwort: Der Beschluss ist ungültig. Das Gericht erklärte ihn für rechtswidrig. Die Gemeinschaft hätte zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit mehrere Angebote einholen müssen.
- Die Bedeutung: Wohnungseigentümergemeinschaften müssen die Angemessenheit von Kosten immer prüfen. Die Pflicht zur Einholung von Vergleichsangeboten gilt auch für Minijobs. Sie gilt auch, wenn die beauftragte Person selbst Miteigentümer ist.
Der Fall vor Gericht
Warum wurde die Anstellung einer Nachbarin zum Streitfall?
In einer Berliner Eigentümerversammlung wurde ein Vorschlag gemacht: Eine Miteigentümerin, die auch im Beirat saß, sollte als neue Hausbesorgerin auf Minijob-Basis angestellt werden. Das klang vertraut und praktisch. Zwei Eigentümer bemerkten aber ein Problem. Es gab keine Alternativen. Keine Vergleichsangebote, keine Ausschreibung – nur diesen einen Vorschlag für 538 Euro im Monat. Sie wollten sich mit diesem Vorgehen nicht abfinden und zogen vor das Amtsgericht Charlottenburg. Ihre Klage warf eine grundlegende Frage auf: Darf eine Gemeinschaft einen Dienstleistungsvertrag abschließen, ohne sich vorher auf dem Markt umzusehen? Die Kläger sahen den Beschluss als Paradebeispiel für eine unzureichende Vorbereitung. Ihre Kritikpunkte waren klar umrissen. Die Aufgabenbeschreibung für die „Hausbesorgerin“ sei viel zu vage. Was genau sollte die Miteigentümerin für ihr Gehalt leisten? Der Vertragsentwurf schaffte keine Klarheit. Schlimmer noch: Einige der aufgeführten Tätigkeiten, wie die Überwachung von Handwerkern, waren nach Ansicht der Kläger bereits durch das Honorar der Hausverwaltung abgedeckt. Die Gemeinschaft würde also für eine Leistung doppelt zahlen. Der schwerste Vorwurf war aber der Verstoß gegen das Gebot der Wirtschaftlichkeit. Ohne Vergleichsangebote von anderen Hausmeisterdiensten konnte niemand beurteilen, ob die 538 Euro pro Monat plus Lohnnebenkosten ein fairer Preis waren. Die Kläger rechneten nach. Die von der Verwaltung präsentierte Kostenschätzung von rund 8.600 Euro pro Jahr sei unvollständig. Kosten für Urlaubs- und Krankheitsvertretung oder einen Steuerberater fehlten. Sie prognostizierten reale Gesamtkosten von etwa 10.000 Euro. Damit pulverisierte sich die behauptete Einsparung gegenüber der alten Firma. Der Beschluss, so ihr Argument, basierte auf einer lückenhaften und geschönten Kalkulation.
Wie verteidigte die Eigentümergemeinschaft ihre Entscheidung?…