Der Auskunftsanspruch gegenüber Plattformbetreibern wegen negativer Online-Bewertungen beschäftigte erneut die Gerichte. Eine Unternehmensgruppe forderte die Herausgabe von Nutzerdaten vermeintlich beleidigender Kritiken, die ihr Unternehmenspersönlichkeitsrecht verletzt haben sollten. Doch die Richter wiesen die Klage ab und bekräftigten damit die Grenzen solcher Auskunftsforderungen zugunsten der Meinungsfreiheit einer Online Kritik. Wann aber dürfen Unternehmen überhaupt Nutzerdaten wegen negativer Bewertungen verlangen?
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Unternehmensgruppe forderte von zwei Plattformbetreibern die Herausgabe von Nutzerdaten aufgrund negativer Online-Bewertungen auf ihren Plattformen.
- Die Antragstellerin begründete ihren Antrag mit einer angeblichen Verletzung ihres Unternehmenspersönlichkeitsrechts und der Erfüllung von Straftatbeständen wie Schmähkritik, Beleidigung und Verleumdung.
- Das Oberlandesgericht Bamberg wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück und bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen.
- Das Gericht verneinte die internationale Zuständigkeit für die in Irland ansässige Plattform, da die Gerichte in Irland zuständig seien und keine hinreichende Störerhaftung dargelegt wurde.
- Die Forderung nach Herausgabe von IP-Adressen wurde abgelehnt, da diese als Nutzungsdaten und nicht als Bestandsdaten nach dem Telemedien-Datenschutzgesetz (TDDDG) gelten.
- Der Auskunftsanspruch wurde inhaltlich abgewiesen, da die Bewertungen weder als Schmähkritik noch als Verleumdung oder Beleidigung im Sinne des Gesetzes qualifiziert wurden und die Meinungsfreiheit des Nutzers überwog.
Quelle: OLG Bamberg, Beschluss vom 16.06.2025, Az.: 6 W 6/25 e
Das Kupferkabel-Urteil: Wann müssen Bewertungsportale die Identität anonymer Kritiker preisgeben?
Eine negative Online-Bewertung kann für ein Unternehmen mehr als nur ein Ärgernis sein. Sie kann den Ruf beschädigen, Kunden verunsichern und potenzielle Bewerber abschrecken. Wenn die Kritik dabei die Grenzen der sachlichen Auseinandersetzung verlässt und in persönliche Angriffe oder gar strafrechtlich relevante Vorwürfe übergeht, stellt sich für betroffene Unternehmen eine drängende Frage: Wer steckt hinter dem anonymen Pseudonym? Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hat in einem vielbeachteten Beschluss vom 16. Juni 2025 (Az.: 6 W 6/25 e) die hohen Hürden für den sogenannten Auskunftsanspruch gegen Plattformbetreiber präzisiert. Der Fall, der mit einer besonders bissigen Bewertung unter der Überschrift „Der einzig fähige Leiter dieser Firma: ein Kupferkabel“ begann, liefert eine Blaupause für das komplexe Spannungsfeld zwischen der grundrechtlich geschützten Meinungsfreiheit, dem Schutz der unternehmerischen Ehre und dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung anonymer Nutzer. Dieser Artikel analysiert die Entscheidung des Gerichts, erklärt die zugrundeliegenden Rechtsprinzipien und zeigt auf, welche Lehren Unternehmen aus diesem Urteil ziehen müssen, bevor sie den Kampf um die Identität eines Kritikers aufnehmen.
Ein Sturm im Netz: Der Sachverhalt im Detail
Die Antragstellerin, ein Technologieunternehmen, sah sich im Dezember 2024 mit zwei scharf formulierten negativen Bewertungen konfrontiert, die auf zwei der größten Plattformen im Netz veröffentlicht wurden….