Der Ehevertrag sollte für Klarheit sorgen, doch nach der Scheidung begann der eigentliche Streit. Eine Ehefrau forderte von ihrem Ex-Mann den Zugewinnausgleich und klagte, weil sie den notariellen Vertrag für sittenwidrig hielt. Der Fall landete schließlich vor dem Bundesgerichtshof, der eine grundlegende Entscheidung über die Grenzen ehevertraglicher Freiheit treffen musste. Doch wie weit dürfen Eheverträge gehen, ohne als sittenwidrig zu gelten?
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Ehepaar schloss vor der Eheschließung einen notariellen Ehevertrag, der unter anderem Gütertrennung und die Modifikation des nachehelichen Unterhalts vereinbarte.
- Nach der Scheidung forderte die Ehefrau Zugewinnausgleich, da sie den Ehevertrag, insbesondere den Ausschluss desselben, wegen Sittenwidrigkeit (§ 138 Abs. 1 BGB) für unwirksam hielt.
- Der Bundesgerichtshof wies die Rechtsbeschwerde der Ehefrau zurück und bestätigte die Wirksamkeit des Ehevertrags.
- Das Gericht begründete, dass der Zugewinnausgleich nicht zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts gehört und ehevertraglicher Gestaltung am weitesten zugänglich ist.
- Zudem wurde das legitime Interesse des Ehemanns am Schutz seines Betriebsvermögens als Unternehmer anerkannt und eine subjektive Imparität oder Zwangslage der Ehefrau wurde verneint.
Quelle: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.05.2025, Az.: XII ZB 395/24
Ehevertrag vor dem Aus? Warum der BGH diesen Pakt über Gütertrennung und Unterhalt für wirksam erklärte
Ein Mann und eine Frau, beide erfolgreich und gebildet, beschließen zu heiraten. Er ist ein vermögender Unternehmer, sie eine aufstrebende Unternehmensberaterin. Um sein Lebenswerk – das Familienunternehmen – zu schützen, besteht der Mann auf einem Ehevertrag mit weitreichenden Folgen: vollständige Gütertrennung (§ 1414 BGB) und ein limitierter nachehelicher Unterhalt. Jahre später, nach vier Kindern und dem Ende der Ehe, steht die Frau vor dem Nichts, während das Vermögen des Mannes weitergewachsen ist. Sie klagt und stellt die alles entscheidende Frage, die bis vor den Bundesgerichtshof getragen wird: Kann ein Vertrag, der eine derart einseitige Lastenverteilung zementiert, vor dem Gesetz Bestand haben oder ist er sittenwidrig und damit nichtig?
Was war der Auslöser des Rechtsstreits?
Die Geschichte beginnt im Jahr 2010. Ein erfolgreicher Unternehmer und eine diplomierte Betriebswirtin, die als Unternehmensberaterin und Geschäftsführerin einer GmbH ein stattliches Einkommen erzielt, sind bereits seit einigen Jahren ein Paar und haben eine gemeinsame Tochter. Sie planen ihre Hochzeit, doch eine Woche vor dem Termin unterzeichnen sie einen entscheidenden notariell beurkundeten Ehevertrag. Dieser Vertrag sollte die finanziellen Verhältnisse für den Fall einer Scheidung grundlegend neu ordnen und von den gesetzlichen Standards abweichen. Der Kern des Vertrages war die Vereinbarung der Gütertrennung. Damit wurde der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, bei dem im Scheidungsfall der während der Ehe erwirtschaftete Vermögenszuwachs beider Partner hälftig geteilt wird, vollständig ausgeschlossen. Hintergrund war das erklärte Ziel des Mannes, sein erhebliches Betriebsvermögen vor einem möglichen existenzbedrohenden Zugriff im Scheidungsfall zu schützen. Dies wurde durch Klauseln in seinen Gesellschaftsverträgen untermauert, die von jedem Gesellschafter die Vereinbarung der Gütertrennung mit dem Ehepartner verlangten. Neben der Gütertrennung modifizierte der Vertrag auch den nachehelichen Unterhalt….