Eine unwiderrufliche Freistellung nach einer Kündigung verspricht Arbeitnehmern oft eine entspannte Zeit bis zum Vertragsende. Doch in einem kuriosen Fall forderte ein Arbeitgeber eine bereits freigestellte Mitarbeiterin plötzlich zurück an den Schreibtisch, weil er die Kündigungsfrist falsch berechnet hatte. Galt die ursprüngliche Freistellung bis zum rechtlich korrekten Ende des Arbeitsverhältnisses, oder konnte der Chef sie zur Rückkehr zwingen? Zum vorliegenden Urteil Az.: 2 Ca 768/21 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Arbeitsgericht Nordhausen
- Datum: 06.04.2022
- Aktenzeichen: 2 Ca 768/21
- Verfahren: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Kündigungsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine Mediengestalterin, die gegen ihre fristlose Kündigung klagte und die Fortzahlung ihres Gehalts forderte, da sie sich aufgrund einer unwiderruflichen Freistellung nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet sah.
- Beklagte: Eine Werbeagentur, die das Arbeitsverhältnis der Klägerin fristlos kündigte, weil diese nach einer Arbeitsaufforderung nicht erschien, und die Zahlung von Gehalt verweigerte.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Der Beklagte kündigte die Klägerin ordentlich und stellte sie unwiderruflich frei. Nachdem ein früheres Gericht die Kündigungsfrist korrigiert hatte, forderte der Beklagte die Klägerin zur Arbeitsaufnahme auf. Da die Klägerin dem nicht nachkam, sprach der Beklagte eine fristlose Kündigung aus, gegen die die Klägerin klagte und ausstehende Gehaltszahlungen forderte.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: War die Klägerin aufgrund einer unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung befreit, sodass ihr Nichterscheinen am Arbeitsplatz keine fristlose außerordentliche Kündigung durch den Beklagten rechtfertigte und ihr Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung bestand?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Klage stattgegeben: Das Gericht stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung beendet wurde, sondern bis zum 31.10.2021 fortbestand, und verurteilte den Beklagten zur Zahlung der ausstehenden Vergütung.
- Kernaussagen der Begründung:
- Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung: Die fristlose Kündigung war unwirksam, da kein Wichtiger Grund vorlag.
- Unwiderrufliche Freistellung: Die Klägerin war bis zum tatsächlichen Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.10.2021 unwiderruflich von der Arbeitsleistung freigestellt.
- Auslegung der Freistellungserklärung: Die Freistellung im Kündigungsschreiben war aus Sicht der Klägerin so zu verstehen, dass sie bis zur rechtlich korrekten Beendigung des Arbeitsverhältnisses galt, auch wenn ein falsches Datum genannt war.
- Keine Pflichtverletzung: Eine unwiderrufliche Freistellung kann nicht einseitig vom Arbeitgeber aufgehoben werden. Daher bestand für die Klägerin keine Arbeitsverpflichtung, und ihr Nichterscheinen war keine Pflichtverletzung, die eine fristlose Kündigung gerechtfertigt hätte.
- Folgen für die Klägerin:
- Das Arbeitsverhältnis endete erst am 31.10.2021 und nicht durch die fristlose Kündigung.
- Sie hat Anspruch auf die Fortzahlung ihrer vertraglichen Vergütung für die Monate September und Oktober 2021 zuzüglich Zinsen.
Der Fall vor Gericht
Gekündigt und freigestellt – muss ich trotzdem wieder zur Arbeit, wenn der Chef sich beim Datum vertan hat?…