Eine Kündigung in der Probezeit, die kurz nach einer krankheitsbedingten Abwesenheit erfolgt, wirft oft heikle Fragen auf. Genau das erlebte eine Arbeitnehmerin, als ihr nach einem Fahrradunfall und Krankschreibung die Kündigung ins Haus flatterte und sie diese als Diskriminierung sah. Steht eine solche Kündigung im Zusammenhang mit der Erkrankung oder der Leistung und welche Rechte haben Arbeitnehmer in dieser sensiblen Phase wirklich? Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 Ca 33/23 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Arbeitsgericht Nürnberg
- Datum: 23.08.2023
- Aktenzeichen: 12 Ca 33/23
- Verfahren: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Arbeitsrecht, Antidiskriminierungsrecht (AGG)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ehemalige Arbeitnehmerin, die die Wirksamkeit ihrer Probezeitkündigung bestritt und Schmerzensgeld wegen behaupteter Diskriminierung sowie Urlaubsabgeltung forderte.
- Beklagte: Arbeitgeberin, die die Kündigung als wirksam verteidigte und die Klageabweisung beantragte.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Eine Arbeitnehmerin klagte gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Probezeitkündigung, welche nach ihrer Krankmeldung erfolgte. Sie forderte zudem Schmerzensgeld wegen angeblicher Diskriminierung nach dem AGG und Urlaubsabgeltung.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: War die in der Probezeit ausgesprochene Kündigung wirksam und bestanden Ansprüche der Arbeitnehmerin auf Schmerzensgeld wegen Diskriminierung oder auf Urlaubsabgeltung?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Klage abgewiesen: Das Arbeitsgericht wies die Klage der Arbeitnehmerin vollumfänglich ab.
- Kernaussagen der Begründung:
- Ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung: Die Anhörung des Betriebsrats erfolgte ordnungsgemäß und die Kündigung war daher nicht unwirksam.
- Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar: Das Kündigungsschutzgesetz fand keine Anwendung, da das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Kündigung noch keine sechs Monate bestanden hatte (Probezeitkündigung).
- Keine Diskriminierung oder andere Unwirksamkeitsgründe: Die Klägerin konnte weder eine Diskriminierung (weder wegen Behinderung noch Geschlecht) noch andere Gründe für die Unwirksamkeit der Kündigung nachweisen; eine Kündigung allein wegen Arbeitsunfähigkeit führt nicht zur Unwirksamkeit.
- Kein Anspruch auf Urlaubsabgeltung: Ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung bestand nicht, da die Beklagte den Resturlaub der Klägerin für die letzten Tage des Arbeitsverhältnisses in natura gewährt hatte und die Berechnung der Klägerin fehlerhaft war.
- Folgen für die Klägerin:
- Das Arbeitsverhältnis endete wirksam durch die Kündigung der Beklagten zum 31. Januar 2023.
- Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Der Fall vor Gericht
Was passiert, wenn man in der Probezeit nach einem Unfall krank wird und dann die Kündigung erhält?
Stellen Sie sich vor, Sie haben einen neuen, gut bezahlten Job begonnen. Sie sind motiviert und befinden sich in der sogenannten Probezeit, einer Phase des gegenseitigen Kennenlernens zwischen Ihnen und Ihrem neuen Arbeitgeber. Doch dann passiert es: Sie haben einen Fahrradunfall und müssen sich auf ärztlichen Rat hin krankschreiben lassen. Kurz darauf liegt die Kündigung im Briefkasten. Fühlen Sie sich unfair behandelt? Vermuten Sie, dass die Kündigung nur wegen Ihrer Krankheit ausgesprochen wurde?…