Eine kleine Delle am Auto und die Frage nach dem teuren Gutachten – darum ging es in einem aktuellen Rechtsstreit. Eine geschädigte Autofahrerin wollte nach einem leichten Anstoß die Kosten für einen Sachverständigen von der gegnerischen Versicherung erstattet bekommen. Doch ab wann rechtfertigt ein scheinbar geringfügiger Schaden die Beauftragung eines teuren Sachverständigen, dessen Kosten die Versicherung tragen muss? Zum vorliegenden Urteil Az.: 11 C 175/22 | | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Amtsgericht Gummersbach
- Datum: 14.04.2023
- Aktenzeichen: 11 C 175/22
- Verfahren: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Schadensersatzrecht, Verkehrsrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Ein Unternehmen zur Erstellung von Gutachten, das aus abgetretenem Recht der Geschädigten die Kosten eines Sachverständigengutachtens geltend machte. Argumentierte, das Gutachten sei aus Laiensicht notwendig gewesen, da verborgene Schäden nicht auszuschließen waren.
- Beklagte: Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Argumentierte, es liege ein offensichtlicher Bagatellschaden vor, für den kein Gutachten erforderlich gewesen sei.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Nach einem Verkehrsunfall mit geringem Schaden am Stoßfänger beauftragte die Geschädigte ein Sachverständigengutachten. Die klagende Gutachtenfirma forderte aus abgetretenem Recht die Gutachterkosten von der gegnerischen Versicherung zurück, die die Kostenübernahme jedoch ablehnte.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Ist die Einholung eines Sachverständigengutachtens bei einem Verkehrsunfallschaden, dessen voraussichtliche Reparaturkosten unter der Bagatellgrenze von 1000 € liegen, aus der subjektiven Sicht des Geschädigten als Laie erforderlich und dessen Kosten erstattungsfähig, wenn das Schadensbild äußerlich einen geringfügigen Anprallschaden am Stoßfänger ohne erkennbare Blechschäden oder Spaltmaßveränderungen aufweist?
Wie hat das Gericht entschieden?
- Klage abgewiesen: Das Gericht wies die Klage auf Erstattung der Sachverständigenkosten vollständig ab.
- Kernaussagen der Begründung:
- Keine Erforderlichkeit des Gutachtens: Die Sachverständigenkosten waren nicht erforderlich, da die ermittelten Reparaturkosten (767,38 €) unter der üblichen Bagatellgrenze von 1000 € lagen.
- Offensichtlicher Bagatellschaden für Laien: Der Schaden war auch für die Geschädigte als Laie offensichtlich geringfügig, da lediglich der Stoßfänger betroffen war und keine weiteren sichtbaren Schäden (z.B. Blechschäden, Spaltmaßveränderungen) vorlagen.
- Verstoß gegen Schadensminderungspflicht: Bei einem derart offensichtlichen Bagatellschaden ist es einem wirtschaftlich denkenden Laien zuzumuten, stattdessen einen Kostenvoranschlag einer Werkstatt einzuholen. Die Geschädigte verstieß daher gegen ihre Schadensminderungspflicht.
- Folgen für die Klägerin:
- Die Klägerin erhielt die geforderten Sachverständigenkosten nicht.
- Die Klägerin muss die Kosten des Rechtsstreits tragen.
Der Fall vor Gericht
Mein Auto hat nur eine kleine Delle – wann darf ich trotzdem einen teuren Gutachter beauftragen?
Stellen Sie sich eine alltägliche Situation vor: Sie kommen zu Ihrem geparkten Auto zurück und entdecken einen Schaden am Stoßfänger. Ein leichter Anstoß, vielleicht ein kleiner Parkrempler. Äußerlich ist nur eine Schramme oder eine kleine Verformung im Kunststoff zu sehen….