Ein weitreichendes Rückgaberecht, angeblich von einem deutschen Handelsvertreter zugesagt, entfachte einen erbitterten Rechtsstreit um über 250.000 Euro. Eine österreichische Firma forderte diese Summe für Warenretouren, doch der Bundesgerichtshof kippte das Urteil. Entscheidend ist nun: War die Zusage des Vertreters für das Unternehmen überhaupt rechtlich bindend?
Das Wichtigste in Kürze
- Der BGH hob ein Urteil auf, das eine deutsche Firma zur Rückzahlung von über 250.000 Euro für Warenretouren an eine österreichische Firma verurteilt hatte, und verwies den Fall zurück.
- Grundlage der Klage war ein behauptetes „100%iges Rückgaberecht“, das ein Vertreter der deutschen Firma zugesagt haben soll.
- Das Berufungsurteil wurde aufgehoben, da dessen tatsächliche Feststellungen zum Zeitpunkt, Inhalt und zur Zurechenbarkeit der Zusage des Vertreters widersprüchlich und unklar waren.
- Für die Neuverhandlung muss das Gericht klären, ob der Vertreter als bevollmächtigter Stellvertreter oder als Bote handelte und welches Recht (Vollmachtsstatut) auf seine Vertretungsmacht anzuwenden ist.
- Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit präziser und widerspruchsfreier Tatsachenfeststellungen durch Gerichte, insbesondere bei komplexen Fragen der Stellvertretung im internationalen Geschäftsverkehr.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.06.2025 Az.: VIII ZR 219/23
Rückgaberecht vom Handelsvertreter: Wann Ihr Unternehmen für Zusagen haften muss – Ein BGH-Urteil im Check
Stellen Sie sich vor: Ein Handelsvertreter verspricht Ihnen im Namen eines Lieferanten ein „100-prozentiges Rückgaberecht“ auf alle Produkte. Sie verlassen sich auf diese Zusage, bauen eine langjährige Geschäftsbeziehung auf und senden jahrelang Ware zurück, die auch anstandslos verrechnet wird. Doch plötzlich, nach Jahren, will der Lieferant davon nichts mehr wissen und verweigert die Annahme von Retouren im Wert von über 250.000 Euro. Wer hat Recht? Muss ein Unternehmen für die weitreichenden Versprechen seiner Vertreter geradestehen, auch wenn diese nie schriftlich im Vertrag standen? Genau mit dieser explosiven Mischung aus Vertrauen, mündlichen Zusagen und internationalem Geschäftsverkehr musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) befassen (Urteil vom 18. Juni 2025, Az. VIII ZR 219/23). Das Urteil ist ein Lehrstück darüber, wie schnell unklare Absprachen zu einem teuren Rechtsstreit führen können und wie penibel Gerichte die Fakten prüfen müssen, bevor sie entscheiden können.
Die Entscheidung des Gerichts auf den Punkt gebracht
Der BGH hat den Fall nicht endgültig entschieden. Stattdessen hob er das vorinstanzliche Urteil des Oberlandesgerichts Celle auf, das der Klägerin (einer österreichischen AG) noch Recht gegeben hatte. Der Grund: Die Feststellungen des Berufungsgerichts waren so widersprüchlich und unklar, dass eine rechtliche Überprüfung unmöglich war. Die Sache wurde zur komplett neuen Verhandlung an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Es geht also wieder auf Anfang.
Warum hat der BGH das Urteil überhaupt aufgehoben?
Der Kern des Problems lag in der Beweisführung der Vorinstanz. Der BGH ist in der Regel an die Tatsachen gebunden, die ein Berufungsgericht (wie das OLG Celle) feststellt. Er prüft nur, ob das Recht korrekt angewendet wurde. Wenn diese Tatsachengrundlage aber in sich widersprüchlich ist – wie ein wackeliges Fundament eines Hauses –, kann der BGH darauf keine rechtliche Prüfung aufbauen. Genau das war hier der Fall….